Buddhismus im Alltag als täglicher Podcast - Mentale Gesundheit - Selbstverwirklichung - Achtsamkeit
Religion & Spirituality:Buddhism
Die Zeit im Kloster verging, der Alltag wurde eine Abfolge von Gewohnheiten. Mein Meister mahnte mich, dass es meine Gewohnheiten seien, die meine Aussenwirkung definieren würden, die selbstverständlich auch einen Einblick in meine "wahre" Person gewähren würden.
Aufstehen, Anziehen, Spiritualität, Waschen, Essen, Training, Essen, Waschen, Spiritualität, Ausziehen, Schlafen. Aufstehen, Anziehen, Spiritualität, Waschen, Essen, Tagesausflug, Essen, zurück ins Kloster, Ausziehen, Schlafen, Aufstehen, Anziehen, Spiritualität, Waschen, Essen, Training, Essen, Waschen, Spiritualität, Ausziehen, Schlafen.
Die Gewohnheiten waren einfach, es war ein sehr meditatives Leben, ohne wirkliche Ziele, der Weg war das Ziel! Heute ist das völlig anders, zu viele Gewohnheiten verderben den Charakter!
Aus Wochen wurden Monate, immer an den freien Tagen waren wir in der Provinzhauptstadt der Provinz Henan, Zhengzhou, die nach der Meinung der meisten Chinesen als Ursprungsregion der chinesischen Kultur und Nation gilt; so kommt Laotse etwa von dort. Dort haben wir meist köstlich gegessen, ich konnte ausserdem europäischen Proviant ergattern (damals ziemlich anstrengend), erreichte die Eltern endlich telefonisch (in einer Zeit ohne Handys).
Wir gewöhnten uns ambitioniertere Ziele für die freien Tage an, nicht mehr nur die Großstadt, sondern Natur und Tempel, Geschichte und Spiritualität. Etwa waren wir in Kaifeng, eine der alten Hauptstädte in der Geschichte Chinas, wir haben andere Tempel besucht, verschiedene Mönche und Freunde getroffen.
Mir wurde die Zeit nicht gewahr, schon viel zu lange war ich hier, über ein halbes Jahr, es wurde kalt in den Bergen. Ohne Heizung hatte ich noch nie einen einzigen Tag verbracht, welche Konsequenzen daraus folgen kann man sich nicht vorstellen, welche Spuren da zu folgen waren, welche Konzessionen es verlangt, so ein Leben, in Europa mögen wir es eben mollig warm. Die sanitären Verhältnisse waren damit sehr eingeschränkt, wer zieht schon gerne in der Kälte alle Kleidung aus. Hauptsächlich wuschen wir uns am Bach, die Toiletten waren voller Touristen, dreckig und ohne Intimsphäre, da war die Natur besser.
Ich war einem Mythos hierher nach China gefolgt, die Einzelheiten waren dabei nicht wichtig, aber mit der Zeit fing ich an die GEWOHNHEITEN aus der Wohlstandsgesellschaft zu vermissen. Meine Wünsche fingen wieder an mich zu belästigen, das Ego verlangte nach Veränderungen der Gewohnheiten, nach Abwechslung, Party und Zerstreuung.
Ich überredete meinen Meister Yan Zi in der Kleinstadt Deng Feng ein kleines Hotelzimmer zu mieten. Endlich eine eigene Dusche, auch wenn es selten warmes Wasser gab, im Bottich mit heissem Teewasser gemischt aber doch machbar. Hier gab es auch bessere Restaurants, wir hatten ja immer nur im Tempel oder in den Buden drumherum gegessen. Leider habe ich aus dieser Zeit nur noch wenige Fotos, zu viele Umzüge, zu viel Ballast, weil der Weg ja das Ziel ist!
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