Puh, da war er wieder. Der komplette Gefühlsausraster. In einer Situation, die doch so "harmlos" war und eigentlich gar keinen Anlass gegeben hat, so einen Gefühlsausbruch zu haben. Auf dem Spielplatz. Beim Playdate mit anderen Kindern. Beim Familienbesuch. Nach dem TV schauen. Beim Socken anziehen.
Für uns Eltern alles Alltagssituationen, die wir wie selbstverständlich jeden Tag erledigen und die doch kein Wut-Potenzial in sich tragen.
Also stehen wir Mamas und Papas da. Ratlos. Überfordert vielleicht. Und fragen uns, was denn jetzt los ist. Es ist doch nichts passiert.
Richtig: Für uns ist nichts passiert – in der kleinen Kinderwelt aber schon. Sonst würden Kinder ja nicht reagieren, wie sie eben gerade reagieren. Irgendetwas hat ihre Gefühlswelt gerade ganz schön durcheinandergebracht.
Also fragen wir beharrlich nach, wollen es rausfinden – aber sie können es nicht benennen.
Ich bin mir sicher, jede Mama und jeder Papa erlebt das regelmäßig. Und es ist kein schönes Gefühl. Es ist nicht schön, der Situation so hilflos gegenüberzustehen. Und es ist nicht schön, NICHT zu wissen, wie man seinem Kind jetzt am besten hilft.
Deshalb hab' ich mich wieder mit der lieben Vanessa Bösch von Nachtglück getroffen und mit ihr darüber gesprochen, wie man Kinder am besten auffängt, wann es "nur" ein Gefühlssturm ist und wann ein Kind hochsensibel ist.
Ich hatte mit ihr schon im Podcast über den Babyschlaf geredet und mag ihre Art, die Dinge zu erklären und einzuordnen. Sie ist nicht nur Expertin, Sozialpädagogin, zertifizierte Schlafberaterin – sie ist selbst Mama und betrachtet den Alltag mit Kindern mit Mama-Augen. Sie steht vor den gleichen Herausforderungen wie wir alle und das macht sie für mich zur perfekten Gesprächspartnerin.
Ihre Tochter wird bald vier Jahre alt und ist ein hochsensibles Kind. Was das bedeutet? Hochsensible Kinder nehmen Reize sehr viel stärker wahr, saugen alle Eindrücke intensiv auf und kommen dann an den Punkt, wo es ihnen einfach zu viel wird. Die einen rasten komplett aus, andere weinen ununterbrochen. Und jetzt ist es unsere Aufgabe, sie irgendwie durch diesen Sturm zu manövrieren. Es ist nicht einfach, euch Tipps zu geben, denn es gibt nicht die eine Definition und nicht den einen Tipp. Manche hochsensiblen Kinder stören sich an dem Gefühl, einen Pullover zu tragen. Es stresst sie. Anderen wird der Familienbesuch plötzlich zu viel und sie drehen durch. An diesem Punkt sind wir gefragt. Wir müssen es erkennen. Zugegebenermaßen nicht ganz einfach. Aber wir müssen es erkennen und sie aus der Situation nehmen.
Was Vanessa euch empfiehlt, ist, dass ihr die Situationen analysiert: Also, wann kommen diese Gefühlswellen? Welche Reize sind es, die euer Kind besonders stressen? Sind es Menschen? Ist es Lautstärke? Anschließend schaut, wie ihr euer Kind am besten aus der Situation holt. Hier seid ihr gefragt und es gibt "nur" Anregungen, da jedes Kind anders reagiert. Vanessa setzt sich mit ihrer Tochter auf die Couch, oder verlässt kurz den Raum, nimmt sie auf dem Spielplatz zur Seite – nur Tochter und Mama. Sonst niemand. Manchmal setzt sie ihr einen geräuschreduzierenden Kopfhörer auf und schafft ihr so einen Raum der Ruhe, in dem sie wieder zu sich kommen kann bzw. kurz durchatmen kann.
Durchatmen. Das ist auch etwas, das ich mir zu Herzen nehme. Meine Kinder müssen durchatmen, denn ihr Alltag ist oft so stressig. Wir holen sie vom Kindergarten, fahren weiter zum Kinderturnen, dann noch einkaufen gehen, danach steht Oma vor der Tür. Das ist viel! Manchmal ja sogar zu viel für uns. Wie sollen diese kleinen Menschen das alles schaffen, ohne mal durchzudrehen. Wir muten ihnen viel zu, weil wir es auch leider irgendwie müssen. Wir alle haben oft eine Doppel- und Dreifach"belastung" und sie müssen oft mitlaufen.
Deshalb ist ihr Tipp, Auszeiten zu schaffen und in der Situation zu erkennen, wann es zu viel wird.
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