Eskapismus – was denn sonst? Geschenkempfehlungen für Weihnachtsmuffel, Denkfaule und andere
So mühsam es mitunter sein mag, von allein auf Geschenke für all die Verwandten und Freunde zu kommen, denen man zu Weihnachten gern ein Buch unter den Baum legen möchte, so viel Spaß macht es, Leute zu fragen, was sie zu einem solchen Zweck empfehlen würden.
Wir sind durch den vierten Stock in der Frankfurter Redaktion der F.A.Z. gezogen oder haben telefoniert und Kollegen gelöchert, vielleicht ein wenig herausgefordert mit Fragen nach Empfehlungen, auf die jede und jeder von ihnen so gut antworten kann wie vielleicht kein anderer – für Denkfaule und Weihnachtsmuffel, zum Fliehen der Gegenwart, fürs Reisegepäck oder für den Notfall, dass doch auf die Schnelle noch ein Geschenk her muss für jemanden, den man leider einfach nicht auf der Liste hatte. Jetzt stehen wir auch mit ein paar Anregungen da, die wir uns für uns selbst merken.
Vierzehn Antworten haben wir gesammelt, vierzehn kleine Gespräche sind in dieser Folge des Bücher-Podcasts zu hören, dazu ein neues Literaturrätsel, die Lösung aus dem November und natürlich auch, wer diesmal unseren Buchpreis gewonnen hat.
Jürgen Kaube haben wir nach einem Buch gefragt, geeignet, um Denkfaule zum Nachdenken zu bringen. Die Empfehlung des Feuilleton-Herausgebers der F.A.Z.: „Kains Knochen“, von Edward Powys Mathers unter dem Pseudonym Torquemada veröffentlicht, aus dem Englischen übersetzt von Henry McGuffin, in der Taschenbuchausgabe bei Suhrkamp 210 Seiten stark und zum Preis von 13 Euro überall zu kaufen.
Ein Buch, das uns zeigt, was Russland sonst noch ist – außer ein Land, das seinen Nachbarn angegriffen hat: Danach haben wir Kerstin Holm gefragt. Und gleich zwei Antworten bekommen: Unsere Russland-Expertin empfiehlt „111 Gründe, Russland zu lieben“ von Jens Siegert, mit seinen 280 Seiten bei Schwarzkopf & Schwarzkopf erschienen und als Taschenbuch für 14,99 Euro zu haben. Und „Sibiriens vergessene Klaviere“ von Sophy Roberts, aus dem Englischen übersetzt von Brigitte Hilzensauer, 384 Seiten stark, 26 Euro teuer und bei Zsolnay veröffentlicht.
Claudius Seidl haben wir mit der Frage nach einem Buch für jemanden herausgefordert, der bestimmt schon alle Bücher hat. Der Kollege empfiehlt den von Bernice B. Rose herausgegebenen Katalog „Picasso, Braque and Early Film in Cubism“, gerade einmal 188 Seiten stark, erschienen bei PaceWildenstein in New York im Jahr 2007.
Dietmar Dath empfiehlt auf unseren Wunsch ein Buch, das von einer schöneren Zukunft erzählt: die Sondernummer einer Zeitschrift vielmehr, das Heft „Planet Democracy – Stories of Hope, Courage, Unity & Compassion“ der Mithila Review, eines indischen Magazins für internationale Science Fiction und Fantasy, herausgegeben von Salik Shah.
Melanie Mühl hat uns, nach einem Buch fürs Reisegepäck gefragt, Joseph Conrads „Herz der Finsternis“ empfohlen. In der reisegepäckfreundlichen Reclam-Ausgabe, übersetzt von Daniel Göske, hat es 166 Seiten und kostet 8 Euro.
Von Andreas Platthaus wollten wir wissen, welches Buch sich als Geschenk anböte, das im Jahr 2022 jeder (noch schnell) gelesen haben sollte. Er ist auf „Aufklärung“ von Angela Steidele gekommen. Im Insel Verlag erschienen, ist der Roman 603 Seiten stark und kostet 25 Euro.
Wir haben Hubert Spiegel um die Empfehlung eines Buchs für jemanden gebeten, der mit der Gegenwart gerade nicht so viel zu tun haben will. Seine Empfehlungen: Gedichte von Ror Wolf und Hans Magnus Enzensberger, zum Beispiel zu finden im Band „Im Zustand vergrößerter Ruhe – die Gedichte“ der Werkausgabe Ror Wolfs, bei Schöffling & Co. erschienen, 480 Seiten stark, zum Preis von 49 Euro, und Hans Magnus Enzensbergers „Gedichte 1950-2020“, als Suhrkamp Taschenbuch zum Preis von 14 Euro 238 Seiten stark.
Jan Wiele sollte uns ein Buch für jemanden empfehlen, der in diesem Jahr eigentlich schon zu viel gelesen hat. Seine Wahl fiel auf den Gedichtband „Innigst / Dearly“ von Margaret Atwood. Er versammelt dem Untertitel nach „Gedichte eines Lebens / Poems of a Lifetime“, und zwar zweisprachig, die Übertragungen ins Deutsche stammen von Jan Wagner. Das Buch ist im Piper Verlag erschienen, hat 240 Seiten und kostet 28 Euro.
Ein Buch, das ein Gefühl für Frankfurt vermittelt: Wen könnten wir danach besser Fragen als unseren Kollegen Matthias Alexander, der vor seinem Wechsel zu uns ins Feuilleton in der Rhein-Main-Zeitung, dem Regionalteil der F.A.Z., gearbeitet hat. Er empfiehlt „Alles verschwindet! Carl Theodor Reiffenstein (1820 – 1893) – Bildchronist des alten Frankfurt“ von Jan Gerchow, Wolfgang Cilleßen und Aude-Line Schamschula, mit Aquarellen und Zeichnungen aus dem 19. Jahrhundert. Der Ausstellungskatalog ist bei Henrich Editionen erschienen, hat 208 Seiten und kostet 24,95 Euro.
Stefan Trinks, nach einem Buch gefragt, das Lesen und Betrachten verbindet, empfiehlt „The World of Music Video“, den Katalog zur gleichnamigen Ausstellung in diesem Jahr in der Völklinger Hütte, herausgegeben von Ralf Beil. Er ist bei HatjeCantz erschienen, hat 448 Seiten mit 530 Abbildungen, ist in Klappenbroschur gebunden und kostet 58 Euro.
Ein Buch für Weihnachtsmuffel? Petra Ahne schlägt den Roman „Treue“ von Hernan Diaz vor, übersetzt aus dem Englischen von Hannes Meyer, bei Hanser Berlin erschienen und zum Preis von 27 Euro 416 Seiten stark.
Simon Strauß haben wir um die Empfehlung eines Buch gebeten, das uns zeigt, auf wessen Schultern wir Zwerge der Gegenwart so sitzen. Joseph Roths Roman „Rechts und Links“ ist zum Beispiel als KiWi-Taschenbuch zu haben, hat 208 Seiten und kostet 6 Euro.
Andreas Kilb ist bei der Frage nach einem Buch für jemanden, der eigentlich nicht liest, auf den Katalog zur Ausstellung „Donatello – Erfinder der Renaissance“ in der Berliner Gemäldegalerie gekommen – von Neville Rowley herausgegeben, 344 Seiten stark und zum Preis von 39 Euro beim Verlag E.A. Seemann zu haben.
Immer wieder kommt es vor, dass kurz nach dem Fest jemand vor der Tür steht und ein Geschenk mitgebracht hat, ohne dass wir ebenfalls eines vorbereitet hätten. Welches Buch, schon fertig eingepackt, sollte man für diesen Fall bereithalten? Paul Ingendaay empfiehlt Andrés Barbas Roman „Die leuchtende Republik“, aus dem Spanischen von Susanne Lange übersetzt, 224 Seiten stark und zum Preis von 22 Euro im Luchterhand Literaturverlag erschienen.
Und wir selbst? Maria Wiesner, nach dem Buch gefragt, das sie in diesem Jahr überrascht hat, nennt Stephen Kings „Es“ – und zwar in der limitierten Prachtausgabe im Schmuckschuber mit Illustrationen von Max Löffler, bei Heyne für 75 Euro zu haben: von Alexandra von Reinhardt, Joachim Körber und Anja Weiligmann übersetzt und ganze 1360 Seiten stark. Fridtjof Küchemann empfiehlt als Buch für alle, denen die Weihnachtstage immer zu trubelig sind und die danach Ruhe brauchen, „Verstecke“ von Petri Tamminen, von Stefan Moster aus dem Finnischen übersetzt, 102 Seiten schmal, im Jahr 2005 bei Suhrkamp erschienen und leider inzwischen nur noch antiquarisch zu bekommen. Aber das ja inzwischen auch ohne größere Mühe.
Abschließend stellen wir noch ein neues Literaturrätsel, verraten die Lösung aus dem November und natürlich auch, wer diesmal unseren Buchpreis gewonnen hat.
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