Für viele ist „Funk“, das junge Inhalte-Netzwerk von ARD und ZDF, ein rotes Tuch. Als zu subjektiv, zu links, zu unausgewogen und zu sehr fixiert auf bizarre Nischenthemen, Sex, Drogen und Crime werden die Videobeiträge vor allem von konservativen Beobachtern kritisiert, die immer wieder einzelne Beiträge skandalisieren.
Das klassische journalistische Gebot der Neutralität wird von den „Funk“-Reporterinnnen und Reportern regelmäßig verletzt, die „professionelle Distanz“ gegen eine „teils radikal subjektive Perspektive eingetauscht“, stellt der Medienwissenschaftler Janis Brinkmann fest. „Sie alle werden von neutralen zu teilnehmenden Beobachter:innen, zu Grenzgängern des Journalismus – um Missstände aufzudecken, interessante Menschen zu zeigen, in alternative Lebenswelten einzutauchen – und um die junge Zielgruppe der 14–29-Jährigen durch authentische Geschichten emotional mitzunehmen.“
Im Gespräch mit Holger Klein im Übermedien-Podcast sagt er: „‚Funk‘ ist aus meiner Sicht ein wichtiger Akteur, der völlig unterbewertet ist in der Forschung.“ Für die Otto-Brenner-Stiftung hat er über 1000 Filme der Funk-Formate „Y-Kollektiv“, „STRG-F“, „reporter“, „follow me.reports“ und „Die Frage“ ausgewertet und untersucht: Mit welchen Themen befassen sie sich, aus welcher Perspektive, mit welchen Protagonisten, in welcher Form, mit welchen Strategien der Zielgruppenansprache.
Ein Ergebnis: „In 90 Prozent der untersuchten Reportagen wird explizit Meinung geäußert oder ist die Perspektive subjektiv; Quellen wie Studien oder Expert:innen spielen eine untergeordnete Rolle.“ Brinkmann sieht die untersuchten „Funk“-Formate in der Tradition des „New Journalism“ in einer für die Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen aktualisierten und für Web-Video-Formate modifizierten Form.
Zu den Befunden seiner Studie gehört auch:
Brinkmann hofft, dass die Studie dazu beiträgt, eine größere, fundierte Debatte über die besondere Art des „Funk“-Journalismus anzustoßen, über ihre Chancen und Probleme:
„Da lohnt es sich immer hinzugucken. Da passiert spannender Journalismus, da passiert das, was wir seit vielen Jahren als Entgrenzung im Journalismus verstehen. Wo, wenn nicht unter solchen Rahmenbedingungen sollen neue Formen des Journalismus entstehen? Man kann sich daran abarbeiten, man kann sagen, das sei kein Journalismus, das sei handwerklich nicht gut gemacht – entscheidend ist immer die Perspektive: Welche Normen lege ich zugrunde?“
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