#diepodcastin mit Geopolitik & Feminismus: Isabel Rohner & Regula Stämpfli im feministischen Wochenrückblick mit Schwerpunkt sog. Selbstbestimmungsgesetz.
“Die Podcastin” nimmt zu Beginn wieder eine große Vorkämpferin in den Blick, diesmal Susan B. Anthony (1820-1906) eine Pionierin der amerikanischen Frauenbewegungen. Schöne Diskussion über Pionierinnen.
Erkenntnis der Woche ist für die Rohnerin, dass sich hinter “KI”, also der “Künstlichen Intelligenz”, offenbar in vielen Fällen schlicht “Klaus-Ingo” verbirgt: ein mindestens 50jähriger Mann im fleckigen Unterhemd. Sie hat ein konkretes Beispiel für die sexistische Bias mitgebracht, auf deren Basis die Algorithmen arbeiten: Eine Bekannte (30 Jahre alt) hat mit einem Kollegen eine “KI” zur Generierung von Bewerbungsfotos verwendet. Vorgabe für die KI: Bewerbungsfotos für eine Marketingstelle in einem Konzern, Stil Business casual. Beide Vorgabentexte waren genau gleich, einziger Unterschied war, dass sie das Kreuz bei “weiblich” machte und ihr Kollege bei “männlich”. Für 25 Euro und 14 eigenen Fotos kreierte “Klaus Ingo” daraufhin 200 “Bewerbungsfotos”. Resultat: Der männliche Kollege hätte rund 20 der Fotos verwenden können (und tut dies mit einem nun auch auf LinkedIn). Die Bekannte jedoch kann kein einziges der Fotos nutzen – ein Großteil der Fotos zeigen sie im Bikini (!), mit nacktem Bauch und übergroßen Brüsten.
laStaempfli zu BRICS siehe Geopolitik: BRICS Staaten Verteidigung der Demokratie und des Westens und das katastrophale Versagen der Medien punkto Relevanz und Themen zur Stärkung der Demokratie. https://kleinreport.ch/news/propaganda-fur-antidemokraten-schweizer-medien-der-brics-gipfel-102493/
laStaempfli empfiehlt SRF: Eine Extrasendung des Medientalks SRF zur sexuellen Belästigung durch einen Starjournalisten. Er soll über Jahre junge Journalistinnen mit seinem Starimage verführt und missbraucht haben.https://www.srf.ch/audio/medientalk/sechs-frauen-werfen-republik-reporter-sexuelle-belaestigung-vor?id=12443572
Das sogenannte “Selbstbestimmungsgesetz” wurde am 23.8. vom Kabinett beschlossen. Damit geht der Entwurf nun in den parlamentarischen Prozess (und kann auch dort noch verhindert werden!). Die Rohnerin zeigt sich erstaunt, dass die Ampel sich dies vor den anstehenden Wahlen in Bayern und Hessen traut. Politisch hält die Rohnerin dies für extrem unklug.
Auch wenn sich im Vergleich zum 1. Referentenentwurf einiges geändert hat im Text, das Vorhaben bleibt HOCH PROBLEMATISCH:
1. Das Gesetz (wenn es so in Kraft treten würde) bedeutet einen Paradigmenwechsel im Recht. Der Geschlechtseintrag basiert dann nicht mehr auf dem Geschlecht “weiblich” oder “männlich”, sondern allein auf einem Sprechakt und einem Gefühl. Frauen gelten dann nicht mehr als Frauen, weil sie weiblich sind – sondern alle sind Frauen, die einen weiblichen Vornamen (vergl. § 2 Abs 3) haben. Das ist die Auflösung der Kategorie “Frau” – und ein Problem für unser Grundgesetz (“Männer und Frauen sind gleichberechtigt.” Art. 3).
2. Das Gesetz richtet sich NICHT an Transpersonen, sondern an alle Menschen, die in Deutschland leben. ALLE haben das Recht, einmal im Jahr (!) ihren Geschlechtseintrag ändern zu lassen.
3. Der Gesetzesentwurf bietet immer noch immenses Missbrauchspotential. Doppelte Geschlechtsidentität bei Doppelbürgern? Nicht bedacht! Oder bei Kindern von 0-14, wo die Eltern diese Eintragungen nach Gutdünken vornehmen können. Was ist bspw. in den Fällen, wo ein Elternteil eine Entführung plant – und sich und dein Kindern auf diesem Weg neue Identitäten verschaffen kann, die eine Suche erschweren? Was ist mit den Eltern, die aufgrund von starren Vorstellungen von “Geschlecht” solche Eintragungen vornehmen? A la: Mein Sohn spielt gern mit Puppen – er muss ein Mädchen sein! Meine Tochter liebt Fußball – sie muss ein Junge sein? Wie sollen Kinder geschützt werden??
4. Bei Kindern ab 14 widerum werden die Rechte der Eltern beschränkt. Wenn diese Kinder beschließen, ihren Geschlechtseintrag ändern zu wollen, brauchen sie eigentlich die Zustimmung der Erziehungsberechtigten. Erhalten sie diese jedoch nicht – weil die Eltern keine überstürzte Entscheidung unterstützen oder eine psychologische Begleitung möchten – haben diese Kinder das Recht, ihre Eltern über ein Familiengericht bei dieser Entscheidung entrechten zu lassen.
5. Das Gesetz ist frauenfeindlich (s. Punkt 1). Hausrecht und Offenbarungsverbot stehen hier nach wie vor potentiell im Widerspruch. Wie sollen Frauengefängnisse, Frauenhäuser oder auch eine Frauensauna ihr Hausrecht wahren können, wenn sie dazu doch die ursprüngliche Geschlechtlichkeit des Gegenübers offenbaren müssen? Die Frauenquote – eine Krücke, die dazu da ist, Nachteile, die Frauen erleben, weil sie Frauen sind, zu beheben – wird ausgehebelt.
6. Statistiken bspw. zu Straftaten oder Gewalt verlieren an Aussagekraft.
Jetzt sind Demokratinnen und Demokraten gefragt! Wendet euch an eure Abgeordneten. Und lasst euch nicht davon abschrecken, dass die AfD hier in der Debatte sehr aktiv sein wird. Nur weil die Falschen das Richtige sagen, wird das Richtige nicht falsch. (Regula Stämpfli)
Und nochmals ganz deutlich: Bei diesem Gesetz geht es NICHT um Transsexuelle, die unsere Unterstützung brauchen!! Wenn es um sie ginge, hätte die Ampel längt das bestehende Transsexuellengesetz schlank novellieren können. Die Podcastin wirbt seit über einem Jahr dafür!
Regula Stämpfli ist über die Leerstellen im öffentlichen Diskurs entsetzt: ES FEHLT DIE STAATSRECHTLICHE DIMENSION, völlig. Keine einzige Expertin ausser in den Kreisen um #diepodcastin thematisiert den engen Zusammenhang zwischen digitaler Auflösung der Wirklichkeit und diesem ersten, neuen Gesetzesentwurf der Ampel-Regierung. Dabei ist mit dem sog. Selbstbestimmungsgesetz ein Paradigmenwechsel der gefährlichsten Art festgelegt: Sprechakte, die Ideologie entscheiden über Verfassungsrecht, rechtsethische Tradition, über Familienrecht, über BürgerInnen-rechte, über Faktisch und Nicht-Faktisch. Dass dies niemanden auffällt, ist der EIGENTLICHE DEMOKRATIEPOLITISCHE SKANDAL. Es geht nicht um Medizin, Biologie oder Besserstellung von Transsexuellen, ES GEHT DARUM, DIE DEMOKRATIE AUF DIE IDEOLOGIE DER SPRECHAKTE WIDER ALLE GRUNDRECHTE DURCHZUSETZEN. In dieser Epoche definieren Codes und Automatismen unser tägliches Leben und nicht unsere Grundrechte, unser politisches Handeln sowie unseren Alltag. Dieses antidemokratische Aushebeln soll und muss den Beteiligten vor die Füsse fallen. Das sogenannte Selbstbestimmungsgesetz markiert einen bemerkenswerten Wendepunkt, indem erstmals in einem Beschluss einer Nachkriegsregierung wiederum Sprachregelungen,d.h. Ideologie, Gesetz werden sollen. #HannahArendtLectures.
Das Bild zur Folge stammt von einer Fotografie von Regula Stämpfli des Bildes der grossen Tamara de Lempicka.
Links:
– Gesetzesentwurf zum sogenannten “Selbstbestimmungsgesetz”, wie er vom Kabinett beschlossen worden ist: https://www.bmfsfj.de/resource/blob/229616/b4f835d1a1da28f1ef51552846f1e20a/gesetzentwurf-kabinett-data.pdf
Das grosse Demokratieloch sowohl im Podcast als auch in Schrift und deutsch/englisch: http://ta-swiss-futurepodcast.online/introduction-big-democracy-data-gap-von-regula-staempfli Auf der Homepage findet sich Englisch und Deutschversion als Audio und hier der Text: https://regulastaempfli.eu/wp-content/uploads/2020/09/datenloch-swissfuture-methodenderzukunft.pdf