Die Struktur der Datenschutzaufsicht gilt in Deutschland als so komplex wie in keinem anderen EU-Staat. Grund dafür ist das föderale Prinzip, dem die Aufsicht unterliegt. Insgesamt 17 Landesbehörden wachen darüber, dass öffentliche und private Stellen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) befolgen - und legen dabei bisweilen höchst unterschiedliche Maßstäbe an. Auch die Besetzung der Behördenleitung vollzieht jedes Bundesland anders, was immer wieder zu Verwerfungen führt.
Das Land Sachsen-Anhalt beispielsweise sucht sage und schreibe seit fünf Jahren einen Nachfolger für den 2018 ausgeschiedenen Landesdatenschutzbeauftragten (LfD) Harald von Bose. Aus verschiedenen Gründen scheiterte die Wahl eines neuen LfDs immer wieder im Landtag. Diese Posse zieht sich bis heute: Zuletzt hat Ende Juni der aktuelle Kandidat Daniel Neugebauer keine Mehrheit erhalten, obwohl er von der Regierungskoalition aus CDU, SPD und FDP vorgeschlagen war; Und, obwohl die Landesregierung im April umstrittenerweise sogar das Wahlverfahren vereinfacht hatte, indem sie das Ausschreibungsverfahren abschaffte.
In Niedersachsen war der neue LfD Denis Lehmkemper vom Landtag bereits gewählt und schon fast im Amt, als seine Vorgängerin Barbara Thiel im Juni per Eilantrag gegen seine Ernennung klagte. Thiel kritisiert, dass ihr Nachfolger und CDU-Politiker Lehmkemper mittels einer Absprache zwischen den Koalitionsfraktionen SPD und Grünen einerseits und der CDU-Landtagsfraktion andererseits vorgeschlagen wurde. Es habe keine Ausschreibung gegeben, obwohl die DSGVO eine Auswahl nach Qualifikation, nicht nach Parteibuch verlange. Das Verwaltungsgericht Hannover wies Thiels Klage ab, derzeit liegt das Verfahren in nächster Instanz beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg. Nur, wenn auch dort die Klage abgewiesen wird, kann Lehmkemper die Behördenleitung wohl noch im September übernehmen.
Für den c't-Datenschutz-Podcast war es höchste Zeit, sich einmal den Verfahren zur Ernennung von LfDs zu widmen. Unterstützung holten sich Heise-Justiziar Joerg Heidrich und Redakteur Holger Bleich an der Hochschule Hannover: Fabian Schmieder forscht und lehrt dort seit 2015 als Professor für Medienrecht mit Schwerpunkt Urheber- und Datenschutzrecht. Im Podcast erläutert er, welche Vorgaben der einschlägige Artikel 53 DSGVO zu Auswahlverfahren, Transparenz und Qualifikation von Aufsichtsbehördenleitern enthält. Es entsteht in der Episodeeine lebendige Diskussion zu den verschiedenen Verfahren in den Bundesländern.
Schmieder weist darauf hin, dass die EU selbst ihren Datenschutzbeauftragten über eine Findungskommission ermittelt, die mindestens drei Bewerber vorschlagen muss. Er regt an, derartige Verfahren auch in den Bundesländern einzuführen und verweist unter anderem auf das in Artikel 33 Grundgesetz festgeschriebene Prinzip der Bestenauslese. Das demokratische Wahlverfahren durch die Landesparlamente hält Schmieder für gut, gibt aber zu Bedenken, dass es dabei immer die Gefahr von fehlenden Mehrheiten gibt - siehe Sachsen-Anhalt.
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