Die alte Berliner Philharmonie befand sich zwar an der Bernburger Straße im Bezirk Kreuzberg, aber wenn einer der größten Virtuosen seiner Zeit dort konzertierte, schickte natürlich auch das Friedenauer Tageblatt einen Berichterstatter: Fritz Kreisler hatte mit dem Violinspiel bereits für einige Jahre aufgehört, nachdem ihn die Wiener Philharmoniker bei einem Vorspiel abgelehnt hatten, als er im Alter von schon Mitte zwanzig doch noch eine Solokarriere startete, die ihn zu einem der gefragtesten, wiewohl auch umstrittensten Interpreten seines Instruments auf dem Globus machte. Auch in seiner Wahlheimat Berlin – aus der die Nazis den gebürtige Wiener wegen seiner jüdischen Herkunft später vertreiben sollten – wurde Kreisler gefeiert, wie wir von dem mit den Initialen R.B. zeichnenden Rezensenten erfahren. Mit einem Kaufpreis von 120 Milliarden Mark war eine Stadtteilzeitung wie das Friedenauer Tageblatt übrigens kaum billiger als die großen Flaggschiffe der Hauptstadtpresse. Dass es trotzdem lohnte und lohnt, sie zu lesen, untermauert Paula Rosa Leu.
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