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In der Antike war die Nachahmung der Natur ein wichtiges Ziel der Kunst. Das sogenannte ?Trompe l?oeil?, die ?Augentäuschung?, ist die Königsdisziplin der Illusionsmalerei: Hier soll der Betrachter wirklich ins Grübeln kommen: Ist das echt? Oder gemalt? Aber ist pure Nachahmung überhaupt Kunst? Autorin: Julie Metzdorf
Credits
Autorin dieser Folge: Julie Metzdorf
Regie: Sabine Kienhöfer
Es sprachen: Thomas Birnstiel, Hemma Michel
Technik: Roland Böhm
Redaktion: Andrea Bräu
Im Interview:
Ursula und Martin Benad, Illusionsmaler
Literaturtipps:
Eckhard Hollmann, Jürgen Tesch: Die Kunst der Augentäuschung. Prestel, München 2004.
Michael Philipp (Hrsg.)„Täuschend echt. Illusion und Wirklichkeit in der Kunst“ – Katalog zur Ausstellung im Bucerius Kunst Forum Hamburg 13.02.2010 – 14.05.2010, Hirmer 2010.
Roger Diederen, Andreas Beitin (Hrsg.), Lust der Täuschung. Von antiker Kunst bis zur Virtual Reality, Katalog zur Ausstellung in der Kunsthalle München 17.08.2018- 13.01.2019, Hirmer, München 2018.
Ursula und Martin Benad, Illusionsmalerei heute. Für Maler, Innenarchitekten und Bauherren, Deutsche Verlags-Anstalt, München 2002.
Linktipp:
Webauftritt von Martin und Ursula Benad mit vielen Informationen rund um Illusionsmalerei:
EXTERNER LINK | www.wandmalerei.de
Und noch eine besondere Podcast-Empfehlung der Redaktion:
In 5 Tagen Mord | ARD Audiothek
In nur 5 Tagen soll ein Krimi entstehen. Können Comedian Janina Rook und BR-Netzexperte Christian Schiffer das schaffen? Mithilfe von Krimi-Expert:innen und Künstlicher Intelligenz? Alle Folgen gibt es ab dem 30. Januar 2024.
ZUM PODCAST
Wir freuen uns über Feedback und Anregungen zur Sendung per Mail an radiowissen@br.de.
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ARD Audiothek | RadioWissen
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Das vollständige Manuskript gibt es HIER.
Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:
Musik: C1506550010 Ancient flute journey 0‘56
ERZÄHLERIN
Die Geschichte der Illusionsmalerei beginnt mit einem Wettstreit: Der griechische Maler Zeuxis hatte ein Bild gemalt, auf dem ein paar Weintrauben so täuschend echt dargestellt waren, dass sofort ein paar Vögel herbeiflogen, um an ihnen zu picken. Siegessicher bat er daraufhin seinen Konkurrenten Parrhasios, den Vorhang vor dessen Bild beiseite zu schieben, damit man es betrachten könne. Damit hatte Parrhasios gewonnen: Er hatte nicht nur Tiere, sondern den Star-Maler Zeuxis getäuscht: Der Vorhang vor dem Bild war gemalt.
ERZÄHLER
Anekdoten wie diese gibt es durch die Jahrhunderte hinweg viele. Apelles soll einmal ein Pferd so gut gemalt haben, das andere Pferde es anwieherten. Über Giotto heißt es, er habe noch als Lehrling einer Figur in einem Fresko einmal eine Fliege auf die Nase gemalt. Sein Lehrer soll versucht haben, sie zu verscheuchen. Ob sich diese Geschichten wirklich so zugetragen haben, ist unwichtig. Interessant sind sie, weil sie vom Kunstwollen jener Tage berichten: Das Ziel der antiken Künstler war es, die Natur nachzuahmen, so gut und echt wie möglich. Mimesis nennt sich das Prinzip, ähnlich der Mimikry in der Natur, wenn beispielsweise das Muster auf den Flügeln eines Schmetterlings aussieht, wie ein Affengesicht und Fressfeinde verschrecken soll.
ERZÄHLERIN
Von den Zeitgenossen wurde das Prinzip der Naturnachahmung in der Kunst unterschiedlich bewertet. Platon zum Beispiel hatte für die Malerei nicht viel übrig. Und auch für den Renaissance-Bildhauer Benvenuto Cellini war Malerei einfach nur Betrug!
1 OT Martin Benad
Da muss ich natürlich widersprechen.
ERZÄHLERIN
Sagt Martin Benad, Illusionsmaler.
2 OT
Der Mensch betrügt sich selbst, wenn er das Bild sieht und seine eigene Wahrnehmung, wenn er die nicht kritisch reflektiert. In dem Moment, in dem ich die Wahrnehmung kritisch reflektiere, kann mich der Maler gar nicht betrügen. Und in dem Moment fängt die Kunst an, interessant zu werden.
ERZÄHLERIN
Martin und Ursula Benad haben in ihrem Berufsleben Hunderte Wände in Landschaften verwandelt, haben Arkaden und Balustraden gemalt, Gärten angelegt, Strände entworfen und auch andere Maler in ihrer Kunst unterrichtet. Besonders beeindruckt sind sie von pompejanischen Wandmalereien.
3 OT Ursula Benad
Der Eindruck, wenn man wirklich dort ist, das ist unverwechselbar, also wirklich beeindruckend.
Musik: C1607780106 Ikarus‘ dream 0‘52
ERZÄHLER
Die Wandmalereien in den antiken Villen Pompejis sind die frühesten erhaltenen Illusionsmalereien der Kunstgeschichte. Gemalte Vorhänge, Säulen und Gesimse, falsche Fenster und Skulpturen, Sockel, Gemälde mit Rahmen. Viele Wandmalereien der antiken Stadt zeigen die Dinge so, als seien sie wirklich da. Eine einheitliche Zentralperspektive, die alle gemalten Elemente auf einen bestimmten Fluchtpunkt hin ausrichtet, gab es noch nicht. Aber Verkürzungen und Überschneidungen erzeugen bereits eine gute Tiefenräumlichkeit. Die Wandbilder vertuschen, dass es sich um bemalte Wände handelt und ahmen stattdessen einen Blick in den Außenraum nach. Besonders gut gelingt das in den Gartendarstellungen. Einzelne Räume wurden vollständig wie ein Garten ausgemalt.
4 OT Ursula Benad
Da geht es wirklich um die Malerei von Blättern und Blüten und Vögeln. Und aber in einem halb naturalistischen Stil. Es ist nicht so, dass man wirklich denkt, es ist echt. Aber es ist so, als würde man sich in einem echten Garten befinden, weil man sich so wohlfühlt. Ja, mit all diesen Vögeln und Blumen und Zweigen. Und es ist einfach entzückend.
ERZÄHLERIN
Im Grunde genommen ist jede gegenständliche Malerei eine Illusion: Künstler stellen Gegenstände, Menschen, Tiere, Landschaften oder Räume auf einer Bildfläche dar. Etwas plastisches, dreidimensionales wird also auf zwei Dimensionen reduziert. Das ist das Wesen der Malerei, egal ob auf einer gemauerten Wand, einem Blatt Papier oder einer Leinwand.
Musik: Z8027678124 Go at a distance 0‘44
ERZÄHLER
Damit die gemalten Objekte trotzdem dreidimensional wirken, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein. Dazu gehört eine sehr genaue, naturalistische Malweise. Proportionen, Stofflichkeit, Perspektive: alles muss stimmen. Licht und Schatten tragen viel zur Plastizität bei: Was sich nach vorn wölbt, erhält ein Glanzlicht, Partien, die im Bildraum weiter hinten liegen, malt man dunkler.
ERZÄHLERIN
Doch es ist ein Unterschied, ob ein Gemälde einen dreidimensionalen Gegenstand abbildet, oder ob es vorgibt, dieser Gegenstand zu sein. „Trompe-l’oeil“ nennt man diese Art von Malerei, zu Deutsch „Augentäuschung“. Hierfür ist äußerste Genauigkeit nötig, jeder Schatten muss sitzen, jeder Tautropfen bricht das Licht in einem bestimmten Winkel, jeder Fliegenflügel hat seine Adern. Was die Technik, die Kunstfertigkeit des Malers betrifft, sind Trompe-l’oeils die Königsdisziplin der Malerei. Ab dem 15. Jahrhundert entwickelte sich diese Kunstform aus der Stillebenmalerei.
Musik: NC070010119 Fantasie für Bassinstrument und Basso continuo 0‘34
ERZÄHLER
Eines der bekanntesten Beispiele ist „Die Rückseite eines Gemäldes“ von Cornelis Gijsbrechts aus dem Jahr 1670. Es zeigt ein Gemälde von hinten, also den Keilrahmen, das braungraue Leinwandgewebe, ein paar winzige Nägel, die alles fixieren und einen kleinen, mit rotem Siegellack angeklebten Zettel mit einer Inventarnummer – nur eben, dass das alles gemalt ist und sich auf der Bildvorderseite befindet.
ERZÄHLERIN
Besonders beliebt waren sogenannte „Quodlibet“, zu Deutsch „Was beliebt?“. Ein zufälliges Nebeneinander von irgendwelchem Krimskrams: Briefe, eine Schere, ein Kamm, Schreibutensilien, ein Siegel, Zettel mit Notizen. Quodlibets scheinen keinen anderen Zweck als die Täuschung selbst zu haben.
5 OT Martin Benad
Der Künstler zeigt sein Können, und in früheren Zeiten zeigte er den Status seines Auftragsgebers. Oder er zeigte die Vorlieben und Hobbies seines Auftraggebers. Oder er erzählt Geschichten.
ERZÄHLER
Eine Sonderform des Trompe-l’oeil ist die Grisaille. Hier wird ausschließlich mit Schwarz, Weiß und Grau gearbeitet. Steinskulpturen lassen sich so täuschend echt nachahmen. Die gemalten Skulpturen hatten eine wichtige Funktion: Im 14. Jahrhundert hatten sich in christlichen Kirchen sogenannte Flügelaltäre durchgesetzt.
6 OT Martin Benad
Die Altäre konnte man zuklappen und aufklappen, und wenn er zugeklappt war, dann durfte er ja nicht so farbenprächtig sein. Dann hat man auf den zugeklappten Altarflügel eine Nische gemalt…, und in die Nische hat man dann irgendeine Figur eingestellt, ein Heiligen oder so ein Apostel. Und das natürlich in Grau. Denn wenn man das dann aufgeklappt hat, da war dann das wirkliche Leben, da waren die Farben.
ERZÄHLER
Nur an Sonn- und Feiertagen wurden die farbenprächtigen mittleren Tafeln mit den „lebendigen“ Heiligen gezeigt. Die Außenseiten zeigten nur ihre Statuen.
Musik: Z8034755104 Class act 0‘48
ERZÄHLERIN
Menschen haben es in einem Trompe-l’oeil ohnehin schwer. Nach kürzester Zeit bemerkt jeder Betrachter, dass der gemalte Mensch seltsam unbewegt bleibt. So ein Eingefrorener kann die Illusion völlig zerstören. Die Wachsfiguren prominenter Zeitgenossen bei Madame Tussauds können noch so gut gemacht sein, niemand hält sie für echt. Was hier fehlt, ist der Moment der Überraschung. Die Figuren von Duane Hanson funktionieren besser. Der amerikanische Künstler platziert seine lebensgroßen Figuren irgendwo im Museum: Touristen, eine Putzfrau, ein Maler. Wie zufällig stehen sie dort und es kann dauern, bis man bemerkt, dass diese Besucher nicht echt sind.
7 OT Martin Benad
das ist ja gerade auch das Spiel. … Dese Figuren, man denkt, der steht gleich auf und guckt mich an. Aber auch das spielt ja mit der Selbstreflektion des Wahrnehmenden, des Museumsbesuches. Und das ist ja der Reiz. Der Reiz ist ja nicht, ich gehe dahin und sehe da irgendwie ein Ding, das sieht aus wie eine ausgestopfte Leiche oder ist ganz echt, sondern diese Interaktion. Und ja, da also es geht immer um Selbstreflektion des Wahrnehmens, und das macht auch die moderne Kunst so interessant.
ERZÄHLER
Bei dreidimensionalen Werken spricht man übrigens nicht von Trompe-l’oeil. Ein Trompe-l’oeil ist immer zweidimensional, es geht um eine Illusion, die mit Mitteln der Perspektive erreicht wird. Ihren großen Auftritt haben Trompe-l’oeils in der Wandmalerei. Hier geht es nicht nur um echt wirkende Zettel, hier geht es um ganze Gebäude! Wichtig für solche Scheinarchitekturen ist die richtige Perspektive.
ZE003020114 Elend, du hast umfangen mich 0‘52
ERZÄHLERIN
Die Zentralperspektive wurde im 15. Jahrhundert erfunden. Ein Fresko von Masaccio in der Kirche Santa Maria Novella in Florenz von 1425 gilt als das erste Beispiel für eine konsequent angewendete Zentralperspektive. Es zeigt Christus am Kreuz, neben ihm Maria und Johannes sowie die Stifter des Wandbildes. Hinter dem Gekreuzigten sehen wir ein Tonnengewölbe mit kastenförmigen Vertiefungen. Diese Decke eignet sich hervorragend, um die Illusion eines tiefen Raums hervorzurufen, nach hinten werden diese Kassetten immer kleiner. Der Fluchtpunkt aller Linien liegt am Fuß des Kreuzes, genau auf Augenhöhe des Betrachters.
ERZÄHLER
Doch es reicht nicht, einen Raum korrekt wiederzugeben. Um das Gehirn erfolgreich zu täuschen, braucht es einen Übergang von der Wirklichkeit des Betrachters im Hier und Jetzt ins Imaginäre. Wer einen Raum betritt, geht üblicherweise davon aus, dass so ein Raum vier Wände hat. Eine Illusion kann nur dann zumindest ansatzweise gelingen, wenn die Wand thematisiert wird:
8 OT Martin Benad
Die Wand muss als echte Wand im Bild vorhanden bleiben, in Form einer Stütze oder eines Arkadengangs oder eines Arkadenbogens oder eines Vordergrunds, Details wie zum Beispiel eine Balustrade oder ein Mäuerchen, und dann daneben neben dem Fensterrahmen neben dem gemalten Durchbruch ist der Blick ins Weite, in die Freie.
Musik: ZE013680108 Ricercar für Cembalo 0‘48
ERZÄHLERIN
Eines der beeindruckendsten Beispiele für Illusionsmalerei ist ein Wandfresko von Agostino Tassi aus den 1620er Jahren im Palazzo Lancelotti ai Coronari in Rom. Tassi hat den Raum in einen Gartensaal verwandelt und dabei mehr Fläche dem architektonischen Übergang als der eigentlichen Landschaft gewidmet: Alle Pfeiler, Säulen und Bögen im Raum sind gemalt, dazu sogar noch eine zweite Reihe Arkaden, so dass sich rund um den Saal ein Arkadengang anzuschließen scheint. Erst dann kommt die Landschaft. Vögel fliegen am blauen Himmel, auf der Balustrade im Obergeschoss hat sich ein Pfau niedergelassen.
ERZÄHLER
Natürlich merkt man trotzdem relativ schnell, dass das alles nur gemalt ist. Aber das ist gewissermaßen eingeplant. Es geht um das Spiel. „Illusion“ kommt von ludere – spielen.
9 OT Martin Benad
Es ist gerade deswegen so beliebt, weil man weiß, dass es ein Spiel ist. Ein Spiel mit den Sinnen, ein Spiel mit der Interpretation, weil es eben nicht die perfekte Täuschung ist.
ERZÄHLERIN
Barock und Renaissance benutzten den Begriff Trompe-l’oeil, die Augentäuschung war etwa spielerisches, positives. „Illusio“ hingegen stand damals noch für eine arglistige, böswillige Täuschung.
ERZÄHLER
Man könnte meinen, eine moderne Fototapete müsste eine perfekte Illusion bieten, realistischer als auf einem Foto geht’s ja gar nicht. Aber nein: bei einer Fototapete, die zum Beispiel den Blick in einen Wald oder aufs Meer bietet fehlt der Übergang.
10 OT Ursula Benad
Man braucht immer die Einbindung der Wand, also des Raumes selber. Ja, eine Art Maske sagen wie er oder eine Umrandung oder einen Durchbruch. Ein Durchgang in irgendeiner Weise, wo die Wand, die sich tatsächlich dort befindet, ein Stück im Bild weitergeht. Und das hat man bei einer Fototapete nicht. Die geht ja meistens bis in die Ecke, und da fängt sie an, und der Rest interessiert nicht. Also die Verbindung ist nicht gegeben.
Musik: Z8027678124 Go at a distance 0‘33
ERZÄHLERIN
Neben der Zentralperspektive müssen Maler auch die sogenannte Farbperspektive beachten. Ein Gegenstand in der Ferne erscheint bläulich, während warme Farben Nähe suggerieren. Will man einen Raum möglichst tief wirken lassen, kann man vorne eine Orange platzieren, im Hintergrund der blaue Himmel. Auch die Intensität der Farben ist wichtig: die hinteren sollten heller sein, die Farben im Vordergrund dunkler.
12 OT Ursula Benad
Und alle Gegenstände, die ich sehe, im vorderen Bereich des Bildes, sind präziser gemalt. Alles ist scharfkantig, und im hinteren Bereich wird immer alles heller und aufgelöster, so verdunstet.
Musik: ZE018500121 Folia 29. Partite 0‘42
ERZÄHLER
Ihre große Blüte hatten illusionistischen Wandbilder im Barock: Unzählige Säle, Kirchen und Treppenhäuser erhielten im 17. und 18. Jahrhundert ein Deckengemälde, das entweder eine überwältigend hohe Kuppel suggerierte oder über eine Scheinarchitektur in den offenen Himmel führte. Das alles von einer Unzahl von Figuren bevölkert, weltliche genauso wie Engel und Heilige, in der Mitte und optisch an der höchsten Stelle, mit einem guten Überblick auf den Rest des Geschehens: Gottvater oder Christus.
ERZÄHLERIN
Ziel solcher Bilder war es, die Menschen vom Glauben zu überzeugen. Bilder in Kirchen galten als Bibel der Analphabeten: Auch wer nicht Lesen konnte, sollte über die biblischen Geschichten informiert und belehrt werden. Es ging darum, diese Geschichten nachzuerleben. Und der Effekt des Nacherlebens ist umso größer, je wirklichkeitsgetreuer das Bild ist. Im Barock setzte man auf Überwältigung. Starke Mimik, ausladende Gestik, überbordende Szenerien, aufwändige Architekturen. Die Menschen sollten staunen. Denn Bewunderung führt zu genauerer Betrachtung – und folglich zu stärkerer Beschäftigung mit dem Thema.
13 OT Martin Benad
Aber nie war es ihm daran gelegen, den Menschen zu verwirren und ein Realitätscheck Konflikt zu erzeugen. Ich meine, wenn die Barockkirchen da oben die Heiligen im Himmel schweben lassen, und dann kommen die Apostel und fliegen mit dem Kreuz durch die Wolken, ja, das weiß doch jeder, dass das symbolisch gemeint ist.
Musik: Z8032962110 Himmelfaden 0‘21
ERZÄHLERIN
Eines der beeindruckendsten Deckengemälde in Bayern befindet sich im marianischen Kongregationssaal in Ingolstadt, landläufig auch Asamkirche genannt, denn das berühmte Deckenfresko hat Cosmas Damian Asam gemalt.
14 OT Martin Benad
Der hat uns nachhaltig beeinflusst und beeindruckt. Aber der hat eine Anamorphose gemalt, als er eine verzerrte Perspektive. Das ist ja bei der Deckenmalerei so. Man geht durch den Raum, und alles stürzt auf einen ein, weil die Perspektive nicht stimmt. Und steht man am richtigen Ort, richtet sich alles auf, die Decke ist weg, und man denkt, man blickt in die Unendlichkeit, und die Säulen weisen in den Himmel. Fantastisch.
ERZÄHLERIN
In den Ecken des großflächigen Freskos sind die Kontinente Afrika, Asien, Amerika und Europa dargestellt. Wir sehen Leoparden, Palmen und Papageien von unten, auch Nasenlöcher, Fußsohlen und der Po der ein oder anderen Rückenfigur bieten ungewöhnliche Ansichten.
Musik: C1611120108 Chronos B 0‘30
ERZÄHLER
Die Illusion funktioniert nur von einem bestimmten Standpunkt aus. In der Kirche St. Ignazio in Rom ist im Marmorboden eigens die Stelle markiert, von der das Deckengemälde am besten zu sehen ist. An diesem Punkt steht der Maler beim Malen aber gar nicht. Er klebt mit der Nase direkt vor der Bildfläche. Kurz gesagt: Bei einem Wandbild oder gar Deckengemälde den Überblick zu behalten, ist extrem schwierig.
15 OT Ursula Benad
Man sieht ja auch immer nur einen Handradius von dem, was man gerade macht. Aber das Bild ist ja viel größer. Ja, das muss auch die Leiter, muss wieder runter und so weiter. Und das muss ich natürlich vorher genau planen. ... Also der Entwurf ist das Wichtigste.
ERZÄHLERIN
Neben der Konstruktion der richtigen Perspektive muss der Maler auch umdenken. Es reicht nicht, eine Wolke, einen Baum oder eine Säule an die Decke zu malen. Man muss die Dinge auch so weit es geht von unten malen:
16 OT Ursula Benad
Alle Wolken sind ja mehr oder weniger waagerecht. Wir sehen Sie in der Entfernung in Schichten liegen und sie scheinen unten gerade abgeschnitten zu sein, weil sie auf bestimmten Temperaturschichten segeln und oben sind sie ganz bauschig. Und wenn ich sie jetzt in der Untersicht sehe, in der Mitte des Himmels im Zenit, dann sehe ich nichts gerades mehr, sondern ich betrachte die Wolke ganz und gar von unten.
Musik: Z8029878111 End to end 0‘25
ERZÄHLER
Auf dem Kunstmarkt spielen Trompe-l’oeils so gut wie keine Rolle. Illusionsmalerei gilt als kitschig und oberflächlich. Kann etwas Kunst sein, dass die sichtbare Wirklichkeit nur reproduziert, wie ein Spiegel? Realismus in der Malerei steht unter dem Generalverdacht des “nur“ handwerklichen.
ERZÄHLERIN
Abseits vom Kunstmarkt mit seinen eigenen Regeln sind Trompe-l’oeils aber sehr beliebt – und zwar nicht nur in den Werken alter Meister im Museum.
17 OT Martin Benad
Das ist das Nachkriegsdeutschland ja, dann kam das Wirtschaftswunder. Und dann haben die reichen Leute ihre eigenen Schwimmbäder gehabt, ja, ihre eigenen Hallenbäder, unten im Keller. Und wie macht man das? Macht man da Fliesen von unten bis oben? Nein, da macht man Wandmalerei. Und dann ging das Ganze überhaupt erst mal los, dass der das das, wie heißt es Bürgertum oder die normalen Menschen halt, die die obere, die oberen 10.000, wie das damals hieß, dass die ihre Schwimmbäder hatten und Wandbilder beauftragt hatten. Da hat man dann so Balustraden mit Blick auf Antike Gärten und auf der Balustrade saß dann ein V und zeigte, wie toll das alles ist. Und dann hing da noch irgendwie also dieses klassische Gedöns in Ruinen, die da gerade einstürzen. Und so ging das ja eigentlich los.
ERZÄHLER
Es ging dabei meistens darum, die Wände unsichtbar zu machen und architektonisch ungünstige Situationen wie enge Flure oder fensterlose Keller zu kaschieren. Einer der größten Aufträge von Ursula und Martin Benad war die Bemalung eines Innenhofs in München, Heute befindet sich dort ein Biergarten.
18 OT Martin Benad
Der war ich glaube 15 mal 15 Meter groß. Vollständig eingeschlossen durch 20 Meter hohe Wände und als wir auf der Baustelle waren, der sagte der Architekt, ich fühle mich wie in die Zisterne geworfen.
19 OT Martin Benad
Das heißt, wir mussten den Raum ja öffnen. Die mussten die Wand öffnen, damit es nicht mehr so bedrückend ist. Wir haben da eben diesen Arkaden dieser Arkaden, London, also Architektur gemalt, wo man dann eben in eine ja, was weiß ich Voralpenlandschaft blickt... Dadurch brechen wir mit malerischen Mitteln die Wand, weil es die Menschen glücklich macht und weil es dieses Gefühl der Bedrückung nimmt. Mehr ist auch nicht nötig. Wir wollen doch nicht Kunstgeschichte schreiben damit. Wir wollen den Alltag schön machen.
Musik: Z8035149133 Light footed (reduced) 0‘42
ERZÄHLERIN
In Zeiten von KI und Virtual Reality mögen Trompe-l’oeils wie Relikte vergangener Zeiten wirken. Aber das täuscht: Es gibt Dutzende Festivals, auf denen Straßenmaler aus aller Welt darum wetteifern, den höchsten Turm oder den tiefsten Abgrund mit Kreide aufs Pflaster zu malen. Auch an Hauswänden entdeckt man immer wieder neue Kunstwerke, die zum Beispiel Fenster vorgaukeln, wo keine sind – und am besten das streitende Ehepaar dahinter noch dazu, während sich ein nackter Dritter am Fensterbrett festkrallt und versucht unbemerkt zu bleiben. Letzteres übrigens ein Motiv von Banksy.
20 OT Martin Benad
Es gibt bei den Street-Art-Künstlern richtig, richtig gute Künstler mit richtig guten Ideen und die auch wirklich maltechnisch was draufhaben. Und da geht es auch weiter im klassischen Trompe-l’oeil an der Wand. Bei betuchten Leuten oder in der Gastronomie oder im Hotel, da geht ja die Kunst nicht weiter.
ERZÄHLER
Zuletzt hat die Modewelt das Trompe-l’oeil für sich entdeckt. Auf Laufstegen und roten Teppichen gab so manches Kleid vor, seine Trägerin sei wahlweise nackt, habe ein Loch im Bauch oder einen Löwenkopf auf der Schulter. Mode ist ohnehin ein Spiel mit Illusionen und Erwartungen.
Musik: Z8034665141 Soft focus (b) 0‘40
ERZÄHLERIN
In anderen Branchen ist aus dem Spiel mit der Realität längst echte Realität geworden. Ob Kinofilm, Computerspiel oder ein Foto vom Papst im weißen Daunen-Mantel: Augentäuschungen des 21. Jahrhunderts begnügen sich nicht mit perspektivischen Mitteln. Auch Klang, Stimmen, bewegte Kinositze führen dazu, dass wir Illusion und Realität manchmal wirklich nicht mehr unterscheiden können. Der Bewunderung vor einem handgemalten Trompe-l’oeil tut das keinen Abbruch.
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