Pseudowissenschaftlicher Neo-Kreationismus im postmodernen Wissenschaftsbetrieb | Von Anke Behrend
Ein Standpunkt von Anke Behrend.
Was ist, was soll und was will Wissenschaft? Das debattieren Philosophen, seit es Wissenschaft gibt und lange bevor man sie so nannte. Heute gibt es mehr oder weniger klare, aber immer wieder umstrittene Kriterien für Wissenschaftlichkeit und die Abgrenzung von Pseudowissenschaft und Wissenschafts-Mimikry.
Wissenschaft, so könnte man es ganz knapp zusammenfassen, soll überprüfbares Wissen über die Beschaffenheit der realen Welt generieren und erweitern. Dazu bedient sie sich immer besserer Methoden und ist bereits selbst eine Methode, die im Wesentlichen auf der Einsicht beruht, dass Wissen nie endgültig oder frei von subjektiven Interessen sein kann, sondern immer dem Einfluss des Subjektes Mensch, mit all seinen Werten, Ansichten und Vorannahmen unterliegt. Jeder wissenschaftliche Erkenntnisgewinn muss daher zwingend immer besser werdenden Methoden der Überprüfung unterzogen werden. Wissenschaft ist die Methode, Subjektivität, Ideologie und Glauben durch Überprüfbarkeit, Reproduzierbarkeit und Objektivität zu ersetzen, Wahrnehmungsverzerrungen durch Standards und Messungen zu eliminieren und robuste Evidenz zu generieren.
Eine neue wissenschaftliche Erkenntnis sollte Thesen bestätigen, die sich aus dem vorhandenen Wissen ergeben, Probleme des bisherigen Wissensstandes lösen und sichere Voraussagen ermöglichen. Ihre Plausibilität ist umso höher, je besser sie sich in das bereits vorhandene und auf ganz verschiedene Weise gewonnene und als evident erkannte Wissen möglichst vieler Wissensbereiche integriert. Und nicht zuletzt muss eine wissenschaftliche Erkenntnis ihrem Wesen nach falsifizierbar sein. Das bedeutet, es muss zumindest erkenntnistheoretisch möglich sein, die der Theorie zugrunde liegenden Beweise durch neue evidente Erkenntnisse zu widerlegen. Eine These, die bereits ihrem erklärten Wesen nach nicht beweisbar ist, wäre auch nicht widerlegbar und somit nicht wissenschaftlich, was allerdings keine Aussage über deren Richtigkeit, sondern über ihre Überprüfbarkeit darstellt.
Paradigmen und Paradigmenwechsel
Trotz aller erbrachten Evidenz und Plausibilität entsprechend dem Stand des Wissens kommt es immer wieder zu unlösbaren Problemen und einem Verlust der Erklärungskraft von bestehenden wissenschaftlichen Theorien. Die Vorannahmen und Lehrsätze sind trotz vorliegender augenscheinlicher Evidenz nicht mehr haltbar und nur die Abkehr vom bisher vorherrschenden Paradigma führt aus der Sackgasse.
Bekannte Paradigmenwechsel sind die Kopernikanische Wende – die Erkenntnis, dass nicht die Erde, sondern die Sonne das Zentrum des Sonnensystems darstellt, aber auch Darwins Evolutionstheorie, die Relativitätstheorie oder die Kontinentaldrift (1). Der Wissenszuwachs nach einem Paradigmenwechsel erfolgt nicht mehr kumulativ wie zuvor, sondern führt dazu, dass innerhalb des alten Paradigmas als bewiesen angesehene Theorien verworfen und völlig neue Erkenntnisse unter den neuen Prämissen gewonnen werden können. Neue Paradigmen scheinen dem wissenschaftlichen Establishment zunächst oft abwegig (2), widersprechen sie doch scheinbar unerschütterlichen Vorannahmen, setzen sich schlussendlich jedoch durch, wenn immer neue Belege gefunden werden und Vertreter der überholten Paradigmen schließlich aus dem Wissenschaftsbetrieb ausscheiden. (3)(4)...
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