Theophanu - Kaiserin im römisch-deutschen Reich
Kaiserin Theophanu sorgt im weströmischen Reich der Ottonen für Stabilität und außenpolitische Erfolge. Die Frau aus Byzanz hat nicht nur politisches Geschick, sie bringt auch Kunst und Bildung nach Deutschland. Autorin: Ulrike Beck (BR 2019)
Credits
Autorin dieser Folge: Ulrike Beck
Regie: Frank Halbach
Es sprachen: Stefan Wilkening, Irina Wanka
Technik: Monika Gsaenger
Redaktion: Thomas Morawetz
Im Interview:
Ludger Körntgen (Professor; Dr.; Historiker; Professor für mittelalterliche Geschichte an der Johannes-Gutenberg-Universität, Mainz);
Klaus Gereon Beuckers (Professor; Dr.; Kunsthistoriker; DIrektor am Kunsthistorischen Institut der Christian-Albrechts-Universität, Kiel)
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Das vollständige Manuskript gibt es HIER.
Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:
MUSIK 1
Erzähler
Rom im Frühjahr 972. Es muss ein spannender Moment gewesen sein, als die Griechin Theophanu aus Byzanz in Rom eintrifft. Sie ist noch ein halbes Kind, vielleicht erst 12, vielleicht aber auch schon 16 Jahre alt. Ihr genaues Geburtsdatum ist nicht bekannt. Hier soll sie nun Otto II. heiraten. Den künftigen Herrscher aus der Dynastie der sächsischen Ottonen, die das weströmische Reich regieren.
Erzählerin
Theophanu kennt ihren künftigen deutschen Gatten noch nicht. Sie weiß nur, dass er siebzehn Jahre alt ist und sein Vater sich in den Kopf gesetzt hat, dass er eine purpurgeborene Prinzessin aus Byzanz, aus dem Zentrum des oströmischen Reichs, zur Frau nehmen soll. Auf sie werden viele Aufgaben zukommen.
Erzähler
Denn ihr künftiger Schwiegervater, Otto der Große, verknüpft mit dieser Verbindung große Absichten, erklärt der Kunsthistoriker Klaus Gereon Beuckers:
MUSIK ENDE
1.O-Ton ( Beuckers ab 2:50)
Für die Ottonen war das eine Anerkennung ihrer inzwischen erlangten Stellung. Otto der Große hatte sozusagen in der Tradition Karls des Großen stehend und auch dezidiert darauf Bezug nehmend sich in Aachen krönen lassen. (…) Und
wollte jetzt diese damit verbundene geopolitische Dimension durch eine Prinzessin aus Byzanz oder durch die Anerkennung aus Byzanz absichern und auch nach außen dokumentieren. 3:19 (…) Weil es zu der Zeit gerade in den 60er-, 70er-Jahren einige Probleme mit Süditalien gab, was formell zum Reich gehörte und wo die Byzantiner relativ große machtpolitische Interessen hatten und auch das wollte man befrieden und hat sich dementsprechend um diese Prinzessin gekümmert.
Erzählerin
Theophanu ist aber nicht die Tochter, sondern nur die Nichte des oströmischen Kaisers Johannes Tzimiskes. Es ist ein Affront, dass Byzanz sie schickt. Dennoch lässt Otto der Große die Hochzeit nicht platzen, sondern nimmt Theophanu als künftige Schwiegertochter in Ehren auf.
2. O-Ton ( Beuckers ab 4:00)
Wir wissen, dass einige am Hof da etwas die Nase gerümpft haben. Man muss aber auch sehen, dass in Byzanz zu der Zeit keine ganz klare Herrscherstruktur da war, da war gerade eben ein Herrscher abgelöst worden. Und im Prinzip der neue Usurpator schickte jetzt seine Nichte, über eine Tochter in dem Maße hat er nicht verfügt. Die Anna, auf die die Ottonen spekuliert hatten, wurde nach Russland verheiratet. 4:25 Warum Otto der Große darauf eingegangen ist oder auch Otto II. Wir wissen es nicht. Aber sie sind mit viel Nachdruck drangegangen, haben das Beste aus der Situation gemacht und haben direkt Theophanu wie eine Prinzessin behandelt.
Musik 2
Erzähler
Am 14.April 972 ist es soweit. Otto II. und Theophanu werden in Rom vom Papst vermählt. Während der Zeremonie krönt Johannes XIII. die Braut auch zur Kaiserin. Die einen reichen Schatz mit in die Ehe bringt: Wertvolle byzantinische Elfenbeinschnitzereien, Textilien, Parfümflakons und Goldschmiedearbeiten. Mit der jungen Kaiserin zieht nicht nur der Glanz der byzantinischen Kultur in das sächsische Herrscherhaus ein, sondern auch Bildung und modische Raffinesse.
Erzählerin
Welches Kleid Theophanu bei ihrer Hochzeit trug, ist nicht überliefert, aber wie sie in etwa aussah, das lässt sich rekonstruieren. Auch, wenn kein einziges zeitgenössisches Porträt von ihr existiert:
MUSIK ENDE
3.O-Ton (Beuckers ab 1:05)
Wir können es über ein paar Dinge rückschließen. Ein Punkt ist beispielsweise, dass wir relativ genau wissen, wie ihre Enkeltochter, die Königin Richetza ausgesehen hat, weil ihre Gebeine untersucht worden sind in den Fünfzigerjahren, die im Kölner Dom ruhen heute. Und wir daher wissen, dass Richetza eine (1:40) schmale kleine dunkelhaarige Frau mit schmalem Gesicht gewesen ist.(…) Sodass wir auch davon ausgehen können, dass sie wahrscheinlich etwas von ihrer Großmutter widergespiegelt hat und weniger das Aussehen der Ottonen selber, die eher etwas gedrungener und rotblonde Leute gewesen sind, also eher einem anderen Typus entsprochen haben.
MUSIK 3
Erzähler
Nur ein Jahr nach der Hochzeit übernimmt Otto II. nach dem Tod seines Vaters die Alleinherrschaft über ein gigantisches Reich, das sich im Jahr 973 weit über Sachsen hinaus in die heutigen Beneluxländer, Elsaß und Lothringen, den nordöstlichen Teil der Schweiz, das Herzogtum Bayern mitsamt Österreich, Kärnten und Südtirol bis nach Italien hinein erstreckt.
Erzählerin
Das bedeutet für Theophanu, dass ihr Alltag von nun an vor allem durch Reisen bestimmt ist. Eine feste Residenz als Wohnsitz gibt es nicht. Stattdessen begleitet sie ihren Mann quer durch das Reich und von einer Kaiserpfalz zur anderen, um dort die Regierungsgeschäfte zu erledigen. Allein von Frühjahr bis Sommer 973 steht der Besuch der Pfalzen Quedlinburg, Memleben, Dornburg und Magdeburg auf dem Programm. Das ist strapaziös, aber notwendig, wie der Historiker Ludger Körntgen erklärt:
MUSIK ENDE
4.O-Ton ( Körntgen ab 7:40)
Man hat durchaus ohne Abschätzung insgesamt die Kaiser des Mittelalters (…) als Normaden auf dem Königsthron angesprochen, weil sie permanent durch das Reich sich bewegen, um ihre Herrschaft zur Geltung zu bringen. Die Herrschaft war sehr stark auf das persönliche Gegenüber angewiesen, auf die konkrete Kommunikation mit den anderen wichtigen Akteuren. (8:14) Und das konnte man eben nicht über lange Nachrichtenwege machen, das konnte man nur durch persönliche Präsenz machen. Deshalb ist eben Reisen von einem Ort zum anderen eigentlich ein prägendes Moment dieses Lebens.
Erzähler
Das Ehepaar scheint sich gut zu verstehen. Otto II. bezeichnet Theophanu in Urkunden auch als seine „vielgeliebte Gattin“, deren Rat er sehr zu schätzen weiß. Schon ein Jahr nach ihrer Hochzeit bestimmt er sie zur „Mitkaiserin“, die die politischen Angelegenheiten entscheidend mitbestimmt. Allein durch ihre Funktion als Mittlerin zwischen Bittstellern und ihrem Mann, dem Kaiser.
5.O-Ton (Körntgen ab ca. 10:30)
Wenn man den Kaiser mit einem Wunsch oder einem Anspruch konfrontieren wollte, war es manchmal sinnvoll, erst mal bei der Kaiserin vorzufühlen. Das war noch ein bisschen unverbindlicher. (… 10:55) Sie verbringt viel Zeit mit Beratungen, sie empfängt Personen, die sich an sie wenden. Sie setzt sich ein für manche Personen, bringt deren Anliegen dann auch in der Beratung des Kaisers und seiner Umgebung zur Sprache. Das sind ganz wichtige Momente ihres Lebens.
MUSIK 1
Erzählerin
Theophanu ist nicht die erste Kaiserin, die im ottonischen Herrscherhaus als Mittlerin auftritt. Doch sie ist es, die in dieser Rolle Beispielloses leistet. Ein Viertel aller Urkunden, die Otto II. unterschreibt, gehen auf ihre Anträge - also Interventionen - zurück.
Erzähler
Theophanu hat aber noch eine andere wichtige Aufgabe: sie muss Kinder kriegen. Drei Jahre nach ihrer Hochzeit bringt sie ihre erste Tochter zur Welt: Sofia. 977 folgt Adelheid, ein Jahr später Mathilde. Der lang ersehnte Thronfolger Otto III. wird im Jahre 980 geboren.
Erzählerin
Für ihre Kinder mischt Theophanu das Erziehungsprogramm der Ottonen gründlich auf. Sie setzt durch, dass nicht nur Otto III. Griechisch und Latein lernt, sondern auch seine beiden Schwestern Sofia und Adelheid, die später Äbtissinnen werden.
Erzähler
Otto III. wird später als Kaiser aufgrund seiner außergewöhnlichen Bildung als „mirabilis mundi“ - als Staunen der Welt - bewundert. Wie sehr ihn seine Mutter dabei geprägt hat, erklärt Ludger Körntgen:
MUSIK ENDE
6.O-Ton (Körntgen ab 28:05)
Offensichtlich war er die ersten zwei drei Lebensjahre (…) sehr eng mit der Mutter zusammen. Aber das ist nur eine vorübergehende Phase. Wichtiger war, dass sie einen Einfluss auf die Auswahl seiner Erzieher gehabt hat. 28:24 Eine ganz wichtige Persönlichkeit in diesem Zusammenhang war der spätere Bischof Bernward von Hildesheim. Ein Geistlicher, (…) der später als einer der dominierenden kulturell wirksamen Persönlichkeiten, ein Mäzen in Baukunst und Buchkunst und so weiter hervorgetreten ist. (…29:13) Interessanterweise gibt es so etwas spielerisch gemeinte Verse, die Otto der Dritte an seinen Lehrer geschrieben hat. 29:20 Darin bittet er ihn, ihm zu helfen, dass er etwas von seiner sächsischen Derbheit verliert und dass seine griechische Feinheit etwas gestärkt wird.
MUSIK 4
Erzählerin
Mit Theophanu kehrt aber nicht nur die Kultur in das sächsische Herrscherhaus ein, sondern sie sorgt mit einer Gefolgschaft aus Künstlern, Architekten und Goldschmieden aus ihrer Heimat auch dafür, dass sich im ganzen Reich byzantinische Kunstgegenstände verbreiten.
Erzähler
Und das ist absolut gewollt. Denn Byzanz als Zentrum des oströmischen Reiches gilt als der Maßstab in puncto Kultur. Sich an ihr zu orientieren, gilt im 10.Jahrhundert als chic - auch im weströmischen Reich. Der Kunsthistoriker Klaus Gereon Beuckers:
MUSIK ENDE
7.O-Ton: (Beuckers ab 6:45)
Etwa in der Mitte des Jahrhunderts geht das los, dass wir sehen, wie stark letztendlich byzantinische Vorbilder (…) rezipiert werden. 6:54 Das ist in der Buchmalerei so, das ist in der Goldschmiedekunst so, ganz besonders in Textilgewerben, die ja sehr sehr teuer waren. Und das hat in der Zeit, als Theophanu dann kam, einen großen Schub noch einmal erlebt. Wir sehen, (7:24) dass seitdem sie 972 gekommen ist, dass wir (…) dann wirklich die ottonische Hochblüte erleben, die auch sehr stark mit byzantinischen Formen, mit antiken Formen einhergeht. (…8:22) beispielsweise die beiden Elfenbeine auf dem Einband des Evangeliars Ottos III. im Aachener Domschatz.
MUSIK 5
Erzählerin
Und es ist Theophanu, die einen ganz neuen Brauch aus ihrer byzantinischen Heimat in Deutschland einführt: Sie feiert mit ihren Kindern das Nikolausfest. Natürlich nicht so, wie wir es heute kennen.
MUSIK ENDE
8.O-Ton (Beuckers ab 16:20)
Nikolaus ist im byzantinischen Bereich ein sehr gängiger Heiliger gewesen. Wurde im Westen richtig bekannt, als man seinen Sarkophag aus der Türkei nach Bari, also nach Süditalien gebracht hat. In den 80er-Jahren des 11. Jahrhunderts, also hundert Jahre nach Theophanu. Da wurde er dann zu dem, was wir heute kennen. (…) In der (16:55) Zeit vor der Translation nach Bari gibt es nicht besonders viele Nikolaus Zentren. Aber die ersten, die wir greifen können, (…) sind im sehr engen persönlichen Umfeld von Theophanu entstanden, sodass man davon ausgehen kann - (…) dass sie im Prinzip eigentlich diejenige war, die diesen Kult innerhalb ihrer Familie zum mindesten eingeführt hat und verbreitet hat.
MUSIK 5
Erzähler
Allzu oft wird Theophanu mit ihren Kindern das Nikolausfest nicht gefeiert haben, denn an der Seite ihres Mannes ist sie schon ein Jahr nach der Geburt ihres Sohnes zunehmend in Italien unterwegs. Otto II. versucht als römisch-deutscher Kaiser, ganz Italien in seine Reichsherrschaft einzubeziehen.
MUSIK ENDE
Erzählerin
Das führt allerdings zu Konflikten in Süditalien. Nach mehreren Angriffen der Sarazenen unter der Führung des Emirs Abu al-Quasim beginnt Otto II. im Herbst 981 seinen Feldzug. Theophanu begleitet ihn bis nach Kalabrien in die Stadt Rossano, nicht aber in die entscheidende Schlacht am Kap Colonna, die am 15.Juli 982 stattfindet.
Erzähler
Und für Otto II. mit einer verheerenden Niederlage endet. Ludger Körntgen:
9.O-Ton (Körntgen ab 14:48)
Eigentlich weniger aufgrund militärischer Schwäche, sondern einfach aufgrund taktischer Unbeweglichkeit. 15:00 Man hatte sehr stark das gegnerische Heer zunächst einmal zur Auflösung der Schlachtordnungen gebracht. Der gegnerische Emir war gefangen und als dann alle dachten, die Schlacht ist gewonnen, kamen aus dem Hintergrund Reserven und konnten das ottonische Heer weitgehend aufreiben. Es ist eine große Anzahl von wichtigen Führungspersönlichkeiten des Reiches gefallenen. Der Kaiser konnte sich nur mit großer Mühe retten, und es hat eine Weile gedauert, bis man dann wieder einigermaßen zur politischen Tagesordnung übergehen konnte.
Erzählerin
Schon eineinhalb Jahre später stirbt Otto II. am 7.Dezember 983 in Italien. Er ist der einzige deutsche Herrscher, der in Rom beigesetzt wird.
Erzähler
Sein designierter Nachfolger ist sein Sohn, der bereits auf dem Hoftag von Verona zum König gewählt worden ist. Es gibt dabei allerdings ein kleines Problem: Otto III. ist erst drei Jahre alt und kann von daher unmöglich regieren. Stattdessen übernimmt seine Mutter Theophanu die Regentschaft für ihn.
Erzählerin
Doch bevor sie dieser neuen Aufgabe gerecht werden kann, muss sie sich gegen einen Verwandten aus Bayern durchsetzen: Heinrich den Zänker. Der, wie der Name schon sagt, dafür bekannt ist, seine Ziele rücksichtslos durchzusetzen. Um seinem Herrschaftsanspruch Nachdruck zu verleihen, entführt er kurzerhand das Kind. Doch damit kommt er nicht durch. Ludger Körntgen:
10.O-Ton: ( Körntgen 16:05)
Theophanu hat gemeinsam mit ihrer Schwiegermutter Adelheid, die ja auch gekrönte Kaiserin war, gewissermaßen ihren Rang, ihre Autorität in die Waagschale werfen können, um ihrem Sohn die Krone zu retten gegen die Ansprüche des Verwandten Herzogs von Bayern.
16:39 Ein wichtiger Punkt ist auf jeden Fall gewesen, dass dieser Heinrich der Zänker (…17:24), dass er damit wirklich zu weit gegangen ist. Er hat sehr viele vergrätzt. (…) Von daher können wir sagen, dass (…) die große Mehrzahl der Entscheidungsträger, der politischen Akteure, der Grafen und der Herzöge, vor allen Dingen dann auch der Bischöfe, allen voran der Erzbischof Willigis von Mainz, der (…) eine wichtige Vertrauensperson für Otto II. und Theophanu war -, die wollten einfach diesem Anspruch des Bayern Herzogs einen Riegel vorschieben.
MUSIK 6
Erzähler
Nach diesem Intermezzo kann Theophanu nun die Regentschaft für ihren Sohn übernehmen. Heinrich der Zänker übergibt ihn ihr 984 höchstpersönlich auf dem Reichstag in Rohr. Als Regentin für ihren Sohn besteht Theophanus Aufgabe nun darin, den Status Quo der Reichsherrschaft zu festigen und den Kaiserthron für Otto III. zu sichern.
Erzählerin
Das ist keine leichte Aufgabe, die sie dennoch - in Allianz mit ihrer Schwiegermutter Adelheid - bravourös bewältigt. Sieben Jahre lang sorgt sie für Stabilität und außenpolitische Erfolge und wird zur mächtigsten Frau des Abendlandes.
Erzähler
Dank der innenpolitischen Stabilität hat Theophanu in ihrer Regierungszeit den nötigen Spielraum, sich um die vielen außenpolitischen Konflikte an den Grenzen des Reiches zu kümmern.
Musikakzent: Fanfare
Erzählerin
Da sind zum einen die aufständischen Slawenstämme jenseits der Elbe, die sie durch Feldzüge und eine Allianz mit dem polnischen Herzog Miseko einzudämmen versucht. Im Jahr 986 scheint ihr Ziel erreicht, als die slawischen Fürsten Böhmens und Polens in friedlicher Absicht beim Hoftag in Quedlinburg erscheinen.
Erzähler
Und auch der Süden Italiens bedarf immer wieder ihrer Aufmerksamkeit. Ganz zu schweigen vom westlichen Nachbarn Frankreich.
MUSIK ENDE
Die Frage ist, wie Theophanu dort und anderswo versucht hat, Herrin der Lage zu bleiben und warum sie als besonders geschickte Politikerin gilt? Ludger Körntgen:
11.O-Ton (Körntgen ab 25:00)
Politik bedeutet aus der Warte der Herrscher vor allen Dingen, dass man versuchen muss, Gunst zu erweisen, Frieden zu bewahren und zu schaffen. Die Ansprüche der vielen Akteure des Adels, aber auch der Kirchen, der Bischöfe und
Äbte, die ständig an die Herrscher gerichtet werden, so klug auszutarieren, dass wenn man dem einen etwas bewilligt, nicht ein anderer vor den Kopf gestoßen wird. Und das ist eigentlich das, was politisches Agieren ausmacht, sodass wir mitunter auch sagen, die Herrscher reagieren eigentlich eher, als dass sie eigene Vorstellungen sehr konsequent umsetzen. Und was man dabei brauchte als politisches Geschick - ich würde das kommunikative Intelligenz nennen - das war die Möglichkeit (…) entsprechend dieser Erwartungen zu agieren. Ohne dabei auf der anderen Seite den eigenen Rang, den eigenen überlegenen Anspruch aufzugeben und aufs Spiel zu setzen. 26:28 Das auszutarieren, war nicht sehr einfach und das scheint Theophanu (…) dann eben doch auch sehr erfolgreich bewältigt zu haben.
Erzählerin
Theophanu verfügt also über kommunikative Intelligenz - und: kluge Berater. Allen voran vertraut sie dem Mainzer Erzbischof Willigis, dessen Rat sie schon geschätzt hat, als ihr Mann noch lebte. Beides macht sie zu ihrer Zeit unschlagbar.
Erzähler
Außerdem sieht sie - anders als ihre Schwiegermutter Adelheid - die Kirche als Diener des Staates. Ihre häufigen Besuche in Rom dienen vor allem dem Zweck, sich den Rückhalt des päpstlichen Organisationsapparats als politische Macht zu sichern.
MUSIK 7
Erzählerin
Dennoch regiert Theophanu im ottonischen Reich nicht mit dem Anspruch einer Kaiserin, sondern immer stellvertretend für ihren Sohn. Daher existieren keine Münzen mit ihrem Konterfei. Und sie signiert in der Regel auch nicht als Kaiserin.
Erzähler
Nur einmal lässt sie sich am 1.April 990 in Italien dazu hinreißen, sogar als Kaiser zu signieren. Die Ravennater Urkunde vom 1.April 990 ist unterschrieben mit den Worten: „Theophanius gratia divina imperator augustus“, was übersetzt bedeutet: „Theophanius, durch göttliche Gnade erhabener Kaiser“.
Musikakzent
Erzählerin
Nur ein Jahr später stirbt die Kaiserin am 15.Juni 991 in der Pfalz Nimwegen. Es gab Gerüchte, dass sie vergiftet worden sein soll. Ob etwas daran sein könnte, lässt sich allerdings nicht nachvollziehen.
Erzähler
An Theophanus Stelle übernimmt nun Kaiserin Adelheid fünf Jahre lang die Regentschaft für ihren Enkel, bis Otto III. 996 in Rom von Papst Gregor V. zum Kaiser gekrönt wird.
Erzählerin
Wie sie es gewünscht hat, werden Theophanus Gebeine in Köln, einer ihrer Lieblingsstädte beigesetzt. Und zwar in der Kirche ihres Schutzheiligen, des Heiligen Pantaleon. Sie wurde schon zu ihren Lebzeiten als Autorität anerkannt, aber 30 Jahre nach ihrem Tod geradezu als Kultfigur verehrt. Nach dem Tod ihre Sohnes Otto III. und seines Nachfolger Heinrich II. setzt ein regelrechter Hype um Theophanu ein. Klaus Gereon Beuckers:
MUSIK ENDE
12.O-Ton: (Beuckers ab 14:05)
In St. Pantaleon wird quasi ein neuer Westbau errichtet, rund um das Grab von Theophanu. Was vorher wahrscheinlich im Südarm des Querarms gelegen hat.
Also wirklich dezidiert dann Theophanu zum Mittelpunkt einer Kultur aufgewertet wird. Das tun vor allen Dingen ihre Enkel die Ezzonen ( 14:17), die aus der Ehe von Mathilde, der Tochter Theophanus mit Ezzo, dem Pfalzgrafen von Rhein sind - die einzige, die verheiratet war von den Kindern Theophanus, die sich sehr stark um das Erbe bemühen und damit auch ihre eigene Herkunft unterstreichen und sehr mächtig sind und auch sehr reich sind.
MUSIK 1
Erzählerin
Heute ist die Erinnerung an Theophanu in Köln immer noch präsent. Immer wieder pilgern Besucher zu ihrem Sarkophag und stellen Kerzen auf.
Und auch in den Niederlanden, dem Ort, wo sie starb, erinnern Straßennamen an die ottonische Kaiserin, die einst als Mädchen aus Byzanz gekommen war und die als Mutter und Regentin für Bildung, den richtigen Tonfall und Stabilität im römisch-deutschen Reich sorgte.
MUSIK ENDE
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