Am 26. April 1986 explodierte um 1.24 Uhr Ortszeit einer der vier Reaktorblöcke im Kernkraftwerk Tschernobyl nahe dem Ort Prypjat in der Ukraine. Bei der Explosion wurden radioaktive Stoffe rund 1.200 Meter hoch in die Luft geschleudert.
Drei großen Wolken verteilten die radioaktiven Partikel in den darauffolgenden Tagen über Europa. Die Öffentlichkeit war bis zum Abend des 28. April 1986 ahnungslos.
Fernsehnachrichten des Südwestfunks um 19 Uhr
Die erste Meldung über ein vermeintliches Reaktorunglück in der Sowjetunion lief beim Südwestfunk in den Nachrichten um 19 Uhr:
"In Teilen Schwedens, Finnlands und Norwegens ist eine ungewöhnlich hohe radioaktive Strahlung gemessen worden. Die Behörden wiesen darauf hin, dass Menschen nicht gefährdet seien. Als Ursache wird ein Defekt an einem sowjetischen Atomreaktor vermutet. Ein sowjetischer Atombombenversuch wird als Grund für die überhöhte Radioaktivität ausgeschlossen. Die Atomenergiebehörde in Moskau teilte der schwedischen Botschaft mit, sie wisse nichts von einem möglichen Zwischenfall in einem Kernkraftwerk, von dem sie in jedem Fall Kenntnis haben müsste."
Fernsehnachrichten des Südwestfunks um 21 Uhr
Aufgrund der Schwere des Unglücks und dem zunehmendem Druck der Weltöffentlichkeit konnte die Sowjetunion nicht länger dementieren. Über die amtliche Nachrichtenagentur TASS gab die Sowjetunion schließlich zu, dass es in einem Atomkraftwerk in der Ukraine zu einem Unglück gekommen ist. Die Nachrichten im SWF um 21 Uhr:
"Bei einem Unfall in einem Atomkraftwerk der Sowjetunion sind nach offiziellen Angaben mehrere Menschen zu Schaden gekommen. Die amtliche sowjetische Nachrichtenagentur TASS meldete, einer der Reaktoren der Anlage Tschernobyl bei Kiew in der Ukraine sei beschädigt worden. Den Betroffenen werde Hilfe geleistet. TASS machte keine genaueren Angaben darüber, wie viele Menschen bei dem Unfall verseucht wurden, ob das Unglück auch Tote gefordert hat und wann es sich ereignete.
In dem Bericht wurde darauf hingewiesen, dass es sich um das erste derartige Unglück in der Sowjetunion handele, während es in anderen Ländern schon mehrfach ähnliche Unfälle gegeben habe. In diesem Zusammenhang wurde auf den nuklearen Unfall in dem amerikanischen Atomkraftwerk "Three Miles Island" im Jahre 1979 verwiesen.
Die sowjetischen Medien berichten nur sehr selten über technische oder natürliche Katastrophen. Dies geschieht gewöhnlich nur, wenn es viele Verletzte und erheblichen Sachschaden gegeben hat.
Skandinavische Stellen hatten bereits ein Reaktorunglück in der Sowjetunion vermutet, nachdem in den letzten Stunden von Dänemark bis Finnland eine erhöhte Radioaktivität gemessen worden war. Im Norden Finnlands wurden bis zu sechsmal höhere Werte als üblich gemessen. Die skandinavischen Experten sehen aber bislang keine Gefahr für die Bevölkerung."
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