Ein Standpunkt von Jochen Mitschka.
Zunächst muss ich betonen, dass ich jeden Tag über Gaza spreche, schreibe und daran denke. Niemand sollte vergessen, dass seit Monaten dort ein grausamer Völkermord durch Israel begangen wird. Aber die Tatsache, dass es Israel erlaubt ist, liegt an der weltpolitischen Lage, in der die Kolonialländer immer noch, auch fast 100 Jahren nach dem offiziellen Ende der Kolonialzeit, mit Hilfe eines Imperiums großen Einfluss auf die Welt haben. Ein Teil ihrer Macht, so behaupten sie, sei durch „Demokratie“ legitimiert. Deshalb auch die lächerliche Aussage, Israel sei die einzige „Demokratie“ in der Region. Daher sollte man sich etwas in der Welt umschauen, wie es denn mit Demokratie-Aspekten in Ländern aussieht, welche von den kolonialen bzw. imperialen Mächten dämonisiert werden, um ihren Einfluss einzudämmen, der auch ein Ende des Völkermordes in Gaza verhindert könnte. Beginnen möchte ich mit einem Artikel des indischen Ex-Diplomaten M.K. Bhadrakumar, der einige bemerkenswerte Äußerungen in seinem letzten Blogbeitrag (1) zu Russland und dem Iran, sogar im Vergleich zur USA machte.
Russland
Der Autor berichtet davon, dass sein verstorbener Vater ihm erzählt hatte, wie der Premierminister Jawaharlal Nehru in der „Central Hall“ auf die kommunistischen Abgeordneten zuging, um mit ihnen zu plaudern.
Bhadrakumar erklärt leider nicht die Bedeutung der „Central Hall“. Man sollte wissen, dass im alten Parlamentsgebäude „Central Hall“ der Ort war, an dem viele wichtige Ereignisse stattfanden. Es war der Ort, an dem die Verhandlungen über die Unabhängigkeit Indiens stattfanden, und es war der Ort, an dem die Verfassung des Landes formuliert wurde. Es war der Ort, an dem die Nationalflagge und die Nationalhymne des Landes angenommen wurden. Und so hat in der Erinnerung Indiens alles, was an diesem Ort stattfand, eine besondere Bedeutung.
Der Autor erinnerte sich an diese Begebenheit, weil er in der russischen Presse auf einen Artikel gestoßen war, der eine Geste von Präsident Putin gegenüber dem Generalsekretär der Russischen Kommunistischen Partei, Gennadi Sjuganow, anlässlich seines 80. Geburtstages erklärt. Nun muss man wissen, dass die Kommunistische Partei die größte Oppositionspartei im russischen Parlament ist. Sie erhielt zuletzt fast 20% der Stimmen, gegenüber der Regierungspartei Putins mit 49%, und würde im Fall einer Wahlniederlage der Regierungspartei sicher den Präsidenten stellen.
Bhadrakumar fand bemerkenswert, dass Putin seinen größten politischen Widersacher durch einen Präsidialerlass würdigte, und ihm den Titel „Held der Arbeit der Russischen Föderation“ verlieh. Ein Zitat aus dem Blog findet sich in Anhang (4).
„Später empfing Putin Sjuganow im Kreml. In der Erklärung des Kremls hieß es: ‚Der Präsident dankte dem Führer der Kommunistischen Partei der Russischen Föderation für seine langjährigen Verdienste für das Vaterland und stellte fest, dass seine Partei stets patriotische Positionen vertrat.‘“ [Hervorhebung durch Bhadrakumar] (1)
Der Autor erklärt, dass die Worte sehr sorgfältig gewählt seien. Sjuganow sei ein Mann mit starken Überzeugungen und habe nie gezögert, seine Positionen zu politischen Themen durch öffentliche Kommentare, seine Aussagen im Präsidentschaftswahlkampf und sein Abstimmungsverhalten zu artikulieren. Aber seine uneingeschränkte Liebe zum Vaterland habe nie in Frage gestanden....
... hier weiterlesen: https://apolut.net/demokratie-aspekte-von-jochen-mitschka
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