Kumaris gelten in Nepal als kindliche Göttinnen auf Zeit und sind für eine Vielzahl religiöser Rituale zuständig. Mit dem ersten Tropfen Blut, den sie vergießen, müssen die Mädchen in ihre Familien zurückkehren und versuchen, sich wieder in die Realitäten der nepalesischen Gesellschaft einzufinden. Von Margarete Blümel
Credits
Autorin dieser Folge: Margarete Blümel
Regie: Rainer Schaller
Es sprachen: Katja Amberger, Hemma Michel, Peter Weiß
Technik: Wolfgang Lösch
Redaktion: Bernhard Kastner
Im Interview:
Scott Berry, Lehrer und Autor einer Kumari-Biografie;
Rashmila Shakya, Ex-Kumari;
Prof. Axel Michaels, Indologe und Religionswissenschaftler;
Prof. Horst Brinkhaus, Indologe
Diese hörenswerten Folgen von Radiowissen könnten Sie auch interessieren:
Nepal - Vielfalt der Religionen HIER
Lebende Götter - Und das Wort ist Fleisch geworden HIER
Literaturtipps:
- Berry, Scott: From Goddess to Mortal: The True Life Story of a Former Kumari. Vajra Publications, Kathmandu 2005. Einfühlsames Porträt der ehemaligen Kumari Rashmila Shakya, die ihre Erfahrungen als Kindgöttin schildert und in den religiösen Kontext ihres Heimatlandes Nepal einordnet.
- A Study of Living Goddess Kumārī: The Source of Cultural Tourism in Nepal by Him Lal Ghimir.
Wir freuen uns über Feedback und Anregungen zur Sendung per Mail an radiowissen@br.de.Radiowissen finden Sie auch in der ARD Audiothek:
ARD Audiothek | Radiowissen
JETZT ENTDECKEN
Das vollständige Manuskript gibt es HIER.
Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:
ERZÄHLERIN:
Auf einem mit Brokat überzogenen Stuhl sitzt ein kleines, sehr ernst blickendes Mädchen, das die Aufgabe hat, sein Land zu beschützen. Bei der nun folgenden, Stunden währenden, Tempelzeremonie wird ein Büffel sein Leben lassen, Trommler werden ihre Klangkörper bearbeiten und Gläubige ihre Köpfe bis zum Boden vor der kindlichen Göttin verneigen.
Musik hoch
ERZÄHLERIN:
Das Mädchen ist stark geschminkt und in ein bis zu den Knöcheln reichendes Gewand gehüllt, das von Goldfäden durchwirkt ist. Manchmal ist diese Berufsbekleidung der Kumari, Nepals ”kindlicher Göttin”, auch tiefrot. Und: Die Kumari trägt einen mit Diamanten versehenen, in allen Farben schimmernden Kopfputz dazu.
Eines aber ist immer gleich: Die lebende Göttin hat zwar das Gesicht eines Kindes. Doch ihre Würde und Bestimmtheit, die sie an den Tag legt, lassen sie um Jahre älter erscheinen.
Musik mit Atmo 1 Tempelzeremonie verbinden
O-TON 1: EX-KUMARI RASHMILA SHAKYA
At the age of four, I became a Kumari. At the age of twelve, I retired from the Kumari house.
VO-Sprecherin-weiblich:
Ich war vier, als ich zur Kumari erhoben wurde. Und zwölf, als ich wieder ins weltliche Leben zurückkehrte.
ERZÄHLERIN:
Heute ist Rashmila Shakya 37 Jahre alt. Als sie das Kumari-Amt innehatte, war der König noch das Staatsoberhaupt Nepals. Damals kniete der königliche Regent vor der vierjährigen Rashmila nieder, um aus ihrer Hand den sogenannten ‚Tika‘ zu empfangen.
O-TON 2: RASHMILA SHAKYA
It’s become used to for me, because every time the king came to get the bless ...I know that I used to give the Tika to the king. I feel proud.
VO-SPRECHERIN-weiblich:
Ich hatte mich schnell daran gewöhnt, meinen Aufgaben ruhig und besonnen nachzukommen. Auch dann, wenn ich dem König den Tika, das hinduistische Segenszeichen, auf die Stirn tupfte. Bis heute macht mich das immer noch ein wenig stolz.
ATMO 1 Tempelzeremonie
O-TON 3: PROF. HORST BRINKHAUS
Manchmal werden sie mit sechs Jahren erst geweiht oder eingeführt, manchmal auch schon mit zwei Jahren, das ist sehr unterschiedlich. Es ist ja an eine ganze Reihe von Kriterien geknüpft, wer Kumari sein kann.
ERZÄHLERIN:
… sagt der Indologe Professor Horst Brinkhaus.
O-TON 4: PROF. HORST BRINKHAUS
Da werden Tests gemacht und einiges auf die Beine gestellt, um festzustellen, wen hat sich die Göttin Durga - oder Taleju, wie sie in Nepal genannt wird – ausgesucht als Inkarnation? Das gilt es ja herauszufinden. Man macht ja keine Kumari, das ist nicht Menschenwerk, sondern die Göttin ist sozusagen übergegangen in einen Mädchenkörper.
ERZÄHLERIN:
Es gibt mehrere Kumaris in Nepal. Die bedeutendste unter ihnen ist die in Kathmandu lebende ‚Royal Kumari‘.
O-TON 5: PROF. HORST BRINKHAUS
Es wird selten über die weniger bekannten Kumaris berichtet. Berichtet wird fast immer nur über die Royal Kumari in Kathmandu und es gab auch einige Berichte über eine Bhaktapur-Kumari, die nämlich in Amerika war mit elf Jahren - als Kumari noch, wohlgemerkt, nicht erst danach.
MUSIK m03 (Holiya Mela, Traditional Nepal Folk Tunes, K:= Bharat Nepali, 0:34 Min)
ERZÄHLERIN:
Etwa zehnmal im Jahr verlässt die Royal Kumari den Palast, um religiösen Zeremonien beizuwohnen. Die inzwischen meist als ‚Kathmandu-Kumari‘ bezeichnete lebendige Göttin wird bei diesen Gelegenheiten stets in einer Sänfte befördert, da sie sonst Gefahr liefe, sich zu verunreinigen oder sich zu verletzen, sagt der Indologe und Religionswissenschaftler Professor Axel Michaels:
O-TON 6: PROF. AXEL MICHAELS
Es ist schon etwas schwieriger für die Kathmandu-Kumari, weil die eine so herausragende Stellung hat. Sie gab ja früher dem König den Tika und hat ihn gewissermaßen dadurch legitimiert für ein Jahr. Aber in Bhaktapur etwa ist die Kumari ja ein ganz normales Mädchen, die auch nicht so eine isolierte Stellung hat wie die Kathmandu-Kumari, die ja in einem eigenen Haus wohnt und eigentlich nicht auf die Straße darf. Sie kann nur getragen werden. Die auch nicht mit anderen Kindern einfach so spielen kann. Das gilt aber eigentlich nur für die Kathmandu-Kumari.
ERZÄHLERIN:
Aber selbst hier bestätigen Ausnahmen die Regel, weiß der Lehrer und Autor Scott Berry, der die Biografie der Kathmandu-Kumari Rashmila Shakya geschrieben hat:
O-TON 7: SCOTT BERRY
We had two daughters who were eight and six at the time... And they got to be friends that way.
VO-SPRECHER-männlich:
Unsere Mädchen waren acht und sechs Jahre alt, als wir nur ein paar Straßen weit entfernt vom Tempelpalast wohnten, in dem die Kumari ihre Wohnstatt hatte. Meine Töchter waren fasziniert davon, dass ganz in ihrer Nähe ein Mädchen lebte, das eine Göttin war. Und sie gingen jeden Tag zu ihrem Haus und saßen im Hof. Eines Tages stand sie oben auf der Treppe und rief: „Ich habe einen Ball. Wollt ihr spielen?“- „Ja“, sagten meine Töchter. Aber natürlich durften sie nicht nach oben gehen, schon allein, weil sie keine Hindus sind. Und sie durfte nicht nach unten kommen. Also blieb sie oben auf der Treppe, und meine Töchter standen unten und warfen den Ball hin und her. So wurden sie zu Freundinnen.
MUSIK m04 (Rato Bhale, Traditional Nepal Folk Tunes , K:= Krishna Gurung, 1:15 Min)
ERZÄHLERIN:
Diese Erinnerung hat die ehemalige Kathmandu-Kumari Rashmila Shakya in Scott Berrys „From Goddess to Mortal“ preisgegeben. Ebenso wie die Auswahlkriterien für die Kandidatinnen, die ihr noch heute leicht über die Lippen gehen: ein günstiges Horoskop, die körperliche Unversehrtheit der Kandidatinnen und die richtige Kaste.
O-TON 8: RASHMILA SHAKYA
Shakya caste, sacred Shakya. Yeah. And … are taken out from the Kumari house in the festival in a year.
VO-SPRECHERIN-weiblich:
Wir müssen aus der Shakya-Kaste kommen. Und unser Horoskop muss klar zeigen, dass wir gute Eigenschaften aufweisen und unserem Land nützlich sein können. Wenn Astrologen und Priester das herausgefunden haben, kommt die Frau aus der Familie, die mit der Kumari unter einem Dach lebt und sie betreut. Sie schaut sich den Körper und das Gesicht des Mädchens genau an und untersucht alles nach Wunden oder Kratzern. Wenn auch dieser Test bestanden ist, zieht das Mädchen als lebendige Göttin in den oberen Trakt des Kumari-Hauses ein, den sie nur verlässt, wenn sie zu Zeremonien und religiösen Festen abgeholt wird.
Atmo 2 Tempel Kathmandu
ERZÄHLERIN:
Die Kumaris stammen aus den Reihen der Newars, einer vor allem im Kathmandu–Tal beheimateten Volksgemeinschaft. Die Newars pflegen eine weltweit einzigartige Sonderform des Buddhismus, den nach ihnen benannten ‚Newar-Buddhismus‘. Die lebende Göttin wiederum wird seit Langem als Reinkarnation einer Hindu-Gottheit betrachtet: Durga, die sich in Nepal als ‚Taleju‘ manifestiert hat. Taleju soll vor einigen Jahrhunderten ins Kathmandu-Tal gekommen sein und sogleich zur Schutzgöttin der nepalesischen Königsfamilien und des Landes aufgestiegen sein. Schließlich aber nahm Durga/Taleju die Gestalt eines kleinen Newarmädchens an. So entstand ein göttliches Amt, das seitdem von einer wechselnden Schar auserwählter Kumaris versehen wird.
O-TON 9: PROF. HORST BRINKHAUS
Die Kumari wird von Buddhisten wie auch von Hindus verehrt, übrigens nicht nur von Newars, sondern natürlich auch von den Nepalisprechern.
Sie ist auch ein - wie der König ja auch in der Vergangenheit war - ein Integrationsfaktor. Nepal ist ein Vielvölkerstaat. Es gibt ungeheuer viele Sprachen in Nepal, ethnische Gruppen, von Tal zu Tal sozusagen häufig verschiedene Gruppen. Und irgendwo muss ja eine Klammer sein, die eine gemeinsame Identität begründet.
Atmo 2 Tempel Kathmandu
O-TON 10: SCOTT BERRY
The main thing it does, it symbolizes the unity, or at least...And Kumari comes from a Newar caste.
VO-SPRECHER-männlich:
Das Kumari-System symbolisiert, wenn nicht die Einheit, so zumindest doch die nicht vorhandene Feindschaft zwischen den Buddhisten und Hindus in Nepal. Die Newars sind die ursprünglichen Bewohner von Kathmandu. Sie haben ihre eigene Sprache, ihre eigenen Bräuche. Und die Kumari stammt eben aus einer Newar-Kaste.
ERZÄHLERIN:
… betont Scott Berry. Der Lehrer und Verfasser der Lebensgeschichte Rashmila Shakyas, von „From Goddess to Mortal“, hat mit Frau und Kindern viele Jahre im Nachbarhaus von Rashmilas Eltern gelebt. So konnte Scott Berry nicht nur den Werdegang der Ex-Kumari, sondern auch die Bedeutung der Kumari-Tradition verfolgen.
Atmo 2 Tempel Kathmandu
O-TON 11: SCOTT BERRY
The Newars actually share temples. They're divided between buddhists and hindus... she's a buddhist girl who becomes a hindu goddess.
VO-SPRECHER-männlich:
In der Tat nutzen die Newars Tempel, die von Buddhisten und Hindus gleichermaßen aufgesucht werden. In einer dieser nepalesischen Kultstätten wird zum Beispiel eine Inkarnation Shivas von Hindus verehrt, während Buddhisten am selben Ort Lokeshwar anbeten, einen spirituell sehr fortgeschrittenen Bodhisattva. Und, zurück zur Kumari: Sie stellt ein wichtiges Symbol für all das dar, weil sie ein buddhistisches Mädchen ist, das zu einer hinduistischen Göttin wird.
Atmo 2 Tempel Kathmandu bitte in Kreuzblende mit Atmo 3 Durga Sloka verbinden
ERZÄHLERIN:
Im Vielvölkerstaat Nepal werden Kultur und Politik seit jeher von der
Religion mitbestimmt. Literatur, Kunst, Sitten und Gebräuche, alle Abläufe des täglichen Lebens, sind von den religiösen Überzeugungen der Nepalesen durchdrungen. Und umgekehrt: Die wechselvolle politische Geschichte des Kathmandu-Tals hat entscheidend auch die Religion beeinflusst und so eine ureigene Beziehung zwischen Buddhismus und Hinduismus im Lande bewirkt.
Atmo 3: Durga-Sloka
ERZÄHLERIN:
Im nur in Nepal praktizierten Newar-Buddhismus vereinen sich verschiedene Richtungen des Buddhismus: Die Newar streben zwar nach Erlösung, stellen aber ihre Suche nach dem Ausstieg aus dem Kreislauf der Wiedergeburten hintan, um anderen, bedürftigen Lebewesen zur Seite zu stehen. Zusätzlich betreiben sie magische Rituale, die ihnen auf ihrem spirituellen Weg weiterhelfen sollen.
O-TON 12: PROF. HORST BRINKHAUS
Wenn man sich Nepal mal jetzt als diesen Streifen von Ost nach West vorstellt – der Norden ist sehr stark buddhistisch geprägt, aber nicht newarbuddhistisch, sondern lamaistisch. Der Süden, insbesondere das Terai-Gebiet, der Teil, der zum Gangesflachland gehört, ist sehr stark hinduistisch geprägt. Da gibt es auch Muslime und wirkt ja sowieso ganz indisch, ganz nordindisch.
MUSIK m01 ((Morning Song, Byanchuli, Traditional Music Of Nepal, Interra Records, 1:24 Min)
ERZÄHLERIN:
In diesem Schmelztiegel der Religionen, in einem Land, dessen Könige als Wiedergeburt des Hindu-Gottes Vishnu galten, besteht inzwischen ein Parlamentarisches Mehrparteiensystem.
Doch obwohl die Monarchie seit Mitte des Jahres 2008 der Vergangenheit angehört, und obschon die Maoisten im politischen Gefüge eine große Rolle spielen und Kritik an einigen Traditionen laut wird – religiöse Bräuche wie die der Verehrung der Kumari bestehen fort. Auch die Voraussetzungen für das Ausscheiden der „kommissarischen Göttinnen“ aus ihrem Amt sind nahezu unverändert geblieben. Um ausgeschlossen zu werden, genügen ein paar Tropfen Blut: Sobald die Kumari blutet, sei es im Zuge einer Verletzung oder durch Einsetzen ihrer Periode, muss die Kindgöttin das Zepter an ein anderes Mädchen abgeben.
O-TON 13: PROF. AXEL MICHAELS
Der Jungfrauenkult ist natürlich auch in Indien immer wieder einmal da gewesen - also die Verehrung einer Jungfrau als Göttin.
ERZÄHLERIN:
… sagt der Indologe und Religionswissenschaftler Professor Axel Michaels. Aber ….
O-TON 14: PROF. AXEL MICHAELS
Aber es ist sehr spezifisch im Grunde genommen bei den Newars. Sowohl in Kathmandu wie auch in anderen Orten des Kathmandu Tals. Weil die daraus einen regelrechten Kult gemacht haben, mit eigenen Ritualen, mit eigenen Häusern und der Notwendigkeit, dass die Kumari bestimmte Rituale eröffnen muss oder dabei sein muss oder Leute segnen muss.
Atmo 4 Ritual
ERZÄHLERIN:
Am Durbar Square, im Zentrum Kathmandus, steht ein blutüberströmter Omnibus. Dach, Fenster, Türen und die Front des alten Vehikels, dessen Reifen kurz davor sind, mit den Felgen eins zu werden, sind mit dem Blut einer soeben geschlachteten Ziege beschmiert. Die Sitze des Busses sind aufgerissen, die Fenster sind längst den Weg alles Irdischen gegangen. Im Fahrerraum prangt unter einem Wirrwarr von Girlanden eine Darstellung der Durga. Sie vollführt einen Kriegstanz, schwingt Lanzen und Schwerter in ihren vielen Armen. Ihr Gesicht ist zu einer Grimasse grausamen Triumphs erstarrt. Zu ihren Füßen liegt der Büffel-Dämon Mahisasura, den die große Göttin zertreten hat. Heute nimmt sie in Kathmandu ihr Festmahl.
Atmo 4 Ritual
ERZÄHLERIN:
Einmal im Jahr wird Durga-Puja, das große Opfer- und Erntefest, gefeiert. Busse, Lastwagen und Privatfahrzeuge werden mit frischem Tierblut geweiht, damit die Insassen in Zukunft nicht zu Schaden kommen mögen.
In Innenhöfen, Häusern, Gassen und in großen Festzelten sind für die Göttin Durga Altäre aufgebaut. Die Frauen haben besonderes Essen für den Anlass vorbereitet. Kinder werfen einander Luftballons zu und warten aufgeregt darauf, dass der Prozessionszug mit der Kumari, der lebendigen Vertreterin Durgas, endlich eintrifft. Dass die kindliche Göttin kommt, ihnen ein ernstes Lächeln schenkt und dem einen oder anderen vielleicht auch ein Segenszeichen auf die Stirn malt.
Atmo 4 Ritual
bitte kurz hoch, dann blenden
O-TON 15: PROF. HORST BRINKHAUS
Die Royal Kumari hängt ja stark mit dem Königtum zusammen. Sie wurde ermittelt, unter anderem von dem Astrologen und dem Familienpriester des Königs und anderen hohen Beamten. Die sind natürlich mit der Abschaffung des Königtums nun auch entfallen. Und das heißt, die Kumari muss immer wieder auf neue Grundlagen gestellt werden, wie man sie herausfindet, wer für sie eigentlich sorgt, wer zuständig ist für diese Institution.
ERZÄHLERIN:
Inzwischen gewährt der Staat den kommissarischen Göttinnen zumindest eine kleine Rente – und eine Schulausbildung.
O-TON 16: PROF. HORST BRINKHAUS
In der Vergangenheit war ja ein Problem, dass sie in keine Schule gehen konnte oder durfte, dass sie also nicht ausgebildet wurde. Immerhin ist man Kumari bis zum zwölften, dreizehnten Lebensjahr, je nachdem.
MUSIK m05 ( Yantra, Jens Buchert, 2:21Min)
O-TON 17: RASHMILA SHAKYA
I have to struggle so much in the normal life. Mostly in the study...At the age of twelve I started my school career.
VO-SPRECHERIN-weiblich:
Ich hatte anfangs wirklich schwer zu kämpfen. Vor allem mit dem Lernen, weil es zu meiner Zeit keine formale Bildung für Kumaris gab. Erst im Alter von zwölf Jahren habe ich meine Schullaufbahn begonnen.
ERZÄHLERIN:
Ihr Biograph Scott Berry erinnert sich noch sehr gut an das, was Rashmila damals durchgemacht hat.
O-TON 18: SCOTT BERRY
Well, this is something that's changed considerably since Rashmila’s time...and they're able to go to their proper grade when they stop.
VO-SPRECHER-männlich:
Nun, das ist etwas, das sich seit Rashmilas Zeit stark verändert hat. Sie hatte große Schwierigkeiten, ins normale Leben zurückzukehren. Sie musste in die erste Klasse gehen, obwohl sie schon zwölf Jahre alt war. Einmal hat sie versucht, wegzulaufen und ins Kumari-Haus zurückzukehren, aber da stand sie dann natürlich vor verschlossenen Türen. Doch schließlich hat sie es geschafft. Ihre Familie hat Rashmila bedingungslos unterstützt. Und heute ist es so, dass vor allem ihretwegen Kumaris lernen und studieren. Sie haben Tutoren und werden darauf vorbereitet, die zu ihnen passende Klasse zu besuchen, wenn es soweit ist.
ERZÄHLERIN:
Noch etwas kommt erschwerend hinzu, das über lange Zeit hinweg manchmal wie ein Fluch über den ins irdische Leben zurückkehrenden Mädchen lag: der alte Irrglaube, Kumaris fänden keinen Ehemann.
O-TON 19: RASHMILA SHAKYA
This is only a misconcept about the Kumari. And this misconcept.. Before that the guy had little bit hesitate ad to marry the ex Kumari.
VO-SPRECHERIN-weiblich:
Diesem Aberglauben nach soll ein Mann, der eine ehemalige Kumari zur Frau nimmt, eines unnatürlichen und viel zu frühen Todes sterben. Die jüngere Generation hat sich da inzwischen bewegt und schenkt dem keinen Glauben mehr. Aber ich erinnere mich noch der Zeiten, als Männer einer Verbindung zu einer Ex-Kumari deshalb ziemlich zurückhaltend gegenüberstanden.
O-TON 20: SCOTT BERRY
Traditionally, they're not supposed to get married. The husband's supposed to die... and they seem very happy together.
VO-SPRECHER-männlich:
Traditionell ist es nicht vorgesehen, dass sie heiraten. Und, ja, angeblich soll der Mann sogar innerhalb des ersten Jahres der Ehe sterben. Aber das ist völlig falsch. In der Vergangenheit gab es mehrere Kumaris, die geheiratet haben - und auch Rashmila ist den Bund der Ehe eingegangen. Wir waren sogar auf ihrer Hochzeit. Inzwischen hat sie einen Sohn, und sie scheinen sehr glücklich miteinander zu sein.
ATMO 5 Kumari-Ritual
O-TON 21: RASHMILA SHAKYA
Yeah, I have married before eight years. And I have one son and he is became a five years old.
VO-SPRECHERIN-weiblich:
Seit unserer Hochzeit sind acht Jahre vergangen. Und unser Sohn ist jetzt fünf Jahre alt.
Musik m01 ((Morning Song, Byanchuli, Traditional Music Of Nepal, Interra Records, 1:40 Min)
Erzählerin:
Über dreißig Jahre liegen zwischen den fundamentalen Ereignissen, die das Leben der Ex-Kumari nachhaltig beeinflusst haben. Rashmila Shakya erinnert sich noch sehr genau daran, wie das damals war: Als sie als vierjähriges, sehr ernst dreinschauendes Mädchen auf einen Thron stieg, um als kindliche Göttin ihren König und ihr Land zu beschützen. Und dann, acht Jahre später, als die Zeit gekommen war, das Kumari-Haus zu verlassen ….
O-TON 22: RASHMILA SHAKYA
At the time? I became sad and happy. Also sad because that I have left the Kumari house and happy that I have returned to the own house and lived a normal life.
VO-SPRECHERIN-weiblich
Da war ich froh und bedrückt zugleich. Traurig, weil ich das Kumari-Haus hinter mir lassen musste. Und froh, weil ich nach Hause zurückkehren und ein normales Leben führen konnte.
Erzählerin:
Nichts von alldem möchte Rashmila missen. Wie viele andere Ex-Kumaris auch, mit denen sie gesprochen hat, ist da das nachhaltige Gefühl, ein Privileg genossen zu haben. Einen Lebensweg beschritten zu haben, der schwierig, steinig und ungemein erfüllend gewesen ist.
O-TON 23: RASHMILA SHAKYA
I got two life in one born. One is normal life and one is God. Is life.
VO-SPRECHERIN-weiblich:
Ich habe zwei Leben geführt. Das eine ist das normale, das irdische Leben und das andere ist mein Dasein mit Gott.
Create your
podcast in
minutes
It is Free