Ein großes Theater - Die Geschichte des Bolschoi in Moskau
Es gibt nur wenige Orte in der russischen Hauptstadt, die so symbolisch aufgeladen, so imperial und so eng mit der Geschichte Russlands und dem Geist Moskaus verbunden sind, wie das Bolschoi-Theater. Das klassizistische Gebäude wie das darin beherbergte Ensemble und seine Kunst blicken auf eine wechselvolle Geschichte zurück. Von Julia Smilga.
Credits
Autorin dieser Folge: Julia Smilga
Regie: Christiane Klenz
Es sprachen: Andreas Neumann, Rahel Comtesse, Julia Fischer
Technik: Ursula Kirstein
Redaktion:Karin Becker
Im Interview:
Alexei Parin, Musikwissenschaftler, Opernkritiker
Ekaterina Belowa, Professorin für Choreografie und Ballettstudien an der Staatlichen Akademie für Choreographie in Moskau
Literaturtipps:
„Galina“ von Galina Wischnewskaja, Gustav Lübbe Verlag ISBN: 3-7857-0433-X
„Ich, Maija“ von Maija Plissezkaja, Gustav Lübbe Verlag ISBN: 978-3785707746
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Das vollständige Manuskript gibt es HIER.
Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:
MUSIK 1 (SC007960W02 Tschaikowsky: Schwanensee; Orchester des Bolschoi-Theaters, Alexander Vedernikov 1‘11)
OTon 01 Parin deutsch
Für mich persönlich ist Bolschoi Theater wirklich ein Symbol von Moskau, ein Symbol von russischer Kunst. Und natürlich Bolschoi-Theater steht so fantastisch in unserer Stadt bis jetzt, dass wir, wenn wir vorbeigehen und wenn wir das Gebäude sehen. Wir verstehen sofort, das ist wirklich eines der größten Theatergebäuden in der Welt. eigentlich la Scala ist ein bisschen größer. Bolschoi-Theater ist zweiter von Größe.
Sprecher:
Der Moskauer Musikwissenschaftler und Opernkritiker Alexei Parin kennt das Bolschoi Theater seit seiner frühesten Kindheit. Der 80 - jährige erinnert sich gerne an seinen ersten Besuch vor 75 Jahren – die Oper „Ruslan und Ludmila“ von Michail Glinka hat den 5 - jährigen fasziniert und ihm die Liebe zur Musik und zu diesem Theater für immer „eingeimpft“, wie Parin sagt. Die Größe des Theaterraums lässt sich erst erahnen, wenn man ganz oben steht.
OTon 02 Parin deutsch
Wenn ich meine Enkelkinder ins Bolschoi-Theater zum ersten Mal bringe. Wir müssen unbedingt zum vierten Rang gehen, und dann dort stehen und sehen, dass Bolschoi-Theater so groß ist wie ein großes Gebäude.
MUSIK 2 (66163810101 Michail Glinka: Ouvertüre „Ruslan und Ludmilla“, Walerjan Schirkow 0‘33)
Sprecher:
Das beeindruckende Gebäude im klassizistischen Stil mit seinem Vorbau mit acht ionischen Säulen und einer Quadriga, also einem antiken Viergespann auf dem Dach, weckt Erinnerungen an längst vergangene, glanzvolle Zeiten. Der Hauptsaal mit Platz für rund 2000 Zuschauer ist mit vergoldetem Stuck und rotem Samt ausgekleidet, die ihm speziellen Glanz und Feierlichkeit verleihen. Hier fanden die Welturaufführungen zahlreicher berühmter Opern russischer Komponisten statt. Peter Tschaikowsky und Sergej Rachmaninow dirigierten hier selbst die Premieren ihrer Opern. Aber auch in der sowjetischen Geschichte spielte das Bolschoi Theater eine zentrale Rolle: hier fanden die Allrussischen Sowjetkongresse und die Sitzungen des Zentralen Exekutivkomitees in der jungen Sowjetrepublik in den 1920er Jahren statt. Auch die Gründung eines neuen Staates – der UdSSR – wurde am 30. Dezember 1922 von der Bühne des Bolschoi-Theaters durch keinen geringeren als Wladimir Lenin verkündet.
Oton 03 Parin deutsch
Bolschoi-Theater: als Gebäude, als Theater, das ist natürlich Symbol von Imperium – eigentlich alle Festsitzungen, alle Jubiläen wurden gefeiert im Bolschoi-Theater, Bolschoi-Theater in meiner Kindheit, in meiner Jugend das war natürlich der Platz, wo alle diese Sitzungen stattfanden. Und das bleibt in meiner Seele, bis jetzt, also wenn ich Bolschoi-Theater besuche. Ja, also, das ist so groß und prächtig und alles Mögliche, dass ich sofort in unsrem Imperium mich verstehe.
MUSIK 3 (R0096600W01 Gluck: „Orfeo ed Euridice“, Münchner Rundfunkorchester, Bruno Weil 1’15)
Sprecher:
Das Bolschoi Theater als Symbol des russischen Imperiums - ob es auch von der Zarin Katharina der Großen so gedacht war? Am 28. März 1776 gab Katharina die Große dem russischen Fürsten Urussow das Privileg, Vorführungen, Bälle und Maskeraden zu veranstalten und eine Theatertruppe zusammenzustellen. So gilt der 28. März 1776 als Geburtstag des Bolschoi Theaters in Moskau. Der Saal lag noch an anderer Stelle der Stadt als das heutige Bolschoi, mit seinen drei Logenetagen und einer Rotunde für besondere Besucher wurde er schnell zum kulturellen Zentrum Moskaus. Hier führten Leibeigene italienische komische Opern und Ballette auf. Auch einige erste russische Opern wurden hier gezeigt. Es gab auch eine Tanztruppe – sie bestand zunächst aus Moskauer Waisenkindern, die zuvor einer Tanzschule durchliefen. Diese Schule wurde nach dem Beispiel der bereits existierenden Sankt Petersburger Ballettschule des französischen Tänzers und Choreografen Jean-Baptiste Landé errichtet, erzählt Ekaterina Belowa. Sie ist Professorin für Choreografie und Ballettstudien an der Staatlichen Akademie für Choreographie in Moskau.
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