Simon Menner
Mitte 2014 veröffentlichte eine den Taliban nahestehende Gruppe eine Reihe von Videos, die in einem nachgebauten Fernsehstudio gedreht wurden – inklusive Nachrichtensprecher und Greenscreen. Vermutlich sollte so dem Ruf „Tod dem Westen“ mehr Nachdruck verliehen werden. Wie kann man es sich erklären, dass eine solche Gruppe den visuellen Codes genau der Medien folgt, die sie ja eigentlich verachtet?
Unsere Köpfe sind zum wichtigsten Schlachtfeld des 21. Jahrhundert geworden und Angst - in der Form von Terror - scheint die wesentliche Waffe zu sein. Hierbei spielt Propaganda eine immer entscheidendere Rolle.
Das ist natürlich auch den Islamistischen Streitern von ISIS, AlQaeda und Co nicht entgangen; allerdings verbreitet man Propaganda heute im Internet und so finden sich diese Gruppen plötzlich auf Plattformen wie YouTube, Facebook und Telegram wieder und konkurrieren mit Minecraft und Pewdiepie um die Aufmerksamkeit des Publikums.
Selbstverständlich verfügen diese Plattformen über eine jeweils eigene visuelle Sprache, derer sich auch Terrororganisationen nicht entziehen können. Dies erklärt dann vielleicht das Fernsehstudio. Diese (gefühlte) Notwendigkeit den visuellen Codes des Mediums zu folgen, hinterlässt dabei zwangsläufig Spuren in der Aussage, die vermittelt werden soll. Eine mittelalterliche Moralvorstellung lässt sich eben nur sehr schwer mit den Mitteln des 21,Jahrhunderts eins zu eins vermitteln. Auf der einen Seite möchte man die Welt ins siebte Jahrhundert zurückversetzen, auf der anderen Seite muss man sich mit den AGBs von YouTube herumschlagen. Ich finde dies fast beruhigend.
Vermutlich habe ich mir in den vergangenen Jahren mehr dieser Videos angesehen, als der druchschnittliche Salafist und entgegen der allgemeinen Vermutung hat diese intensive Auseinandersetzung etwas unheimlich Befreiendes. Ich möchte zeigen, wie sich diese Propaganda an vielen Stellen selbst entlarvt und wie ich als Künstler damit umgehe.
Rühmten sich Islamistische Gruppen Anfang des Jahrtausends noch mit einem Bildverbot, so streamen sie mittlerweile Ihre Propaganda nahezu live in das Internt. Als Reaktion darauf hat sich das Bildverbot in das Westliche Lager verschoben und der Ruf nach Zensur wird immer lauter.
Ich habe mich als Künstler in den letzten Jahren intensiv den Bildern dieser Propaganda auseinandergesetzt und möchte darlegen weshalb ein gesellschaftlicher Diskurs hier sehr wichtig ist und befreiend sein kann.
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