Nora Hespers
Es war die Pegida-Bewegung, die mich im Dezember 2014 dazu veranlasst hat, meinen Blog zu starten und darin die Geschichte meines Großvaters zu erzählen. Ja, noch eine Geschichte aus dem Zweiten Weltkrieg. Aber auch eine Geschichte über das Heute. Über uns. Was mich vor allem angetrieben hat, war der unverhohlene Hass, der sich bei den Demonstranten Bahn gebrochen hat. Hass, den ich als Social Media Managerin immer und immer wieder in Bahnen lenken muss - und will. Und so habe ich angefangen zu recherchieren. Lange Interviews mit meinem Vater (heute 85 Jahre alt), historische Ereignisse und nicht zuletzt die Gestapo-Akten über meinen Großvater. Ich will verstehen. Verstehen, was meinen Großvater angetrieben hat trotz all der Grausamkeiten, die er sehen konnte, an das Gute zu glauben. An die Menschen. Je mehr ich mich mit meinem Großvater beschäftige, je mehr ich beginne zu fühlen, was er vielleicht auch gefühlt hat, umso mehr beginne ich zu verstehen, was heute passiert.
Aus meinem Blog wurde nur Monate später ein Podcast. Ein Storytelling-Format. Ein Serial, das eine Geschichte erzählt, die keine Fiktion ist. Eine Geschichte über drei Generationen. Und dadurch Geschichte erlebbar macht. Nicht als etwas, das vergangen ist. Sondern als etwas, dessen langer Atem bis ins Heute reicht. Überall in meinen Recherchen entdecke ich Bezüge ins Jetzt. Gesetze, die heute Demokratie und Freiheit sichern, sind entstanden, weil wir an einigen Stellen aus der Geschichte gelernt haben. Sie sollen z.B. verhindern, dass sich das grausame und willkürliche Morden des Zweiten Weltkriegs wiederholt. Natürlich wusste ich das auch vorher, aber jetzt kann ich es fühlen.
Mein Blog und meine Podcasts nehmen die Hörer mit in die Geschichte, lassen sie Vergangenes erleben und holen sie immer wieder in die Gegenwart. Je mehr ich die Geschichte erlebe, desto mehr zeigt sich, welch hohes Gut Freiheit und Demokratie sind. Ich kann es wieder fühlen. Und ich weiß wieder, warum wir dafür kämpfen müssen.
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