Gunter Dueck
Wer auf sich aufmerksam machen kann - womit, ist fast egal - kann gleich Werbefläche im Internet um sich scharen und ans Geldverdienen gehen. Aufmerksamkeit muss also um jeden Preis her, am einfachsten, indem man nur noch mit Schrillem und Buntem winkt und am besten gleichzeitig Tabus verletzt. Der Flachsinnpegel steigt natürlich ständig an. Das Wichtige und Ernsthafte kommt immer weniger dagegen an. Kann noch intensiv diskutiert werden? Nein, jetzt gerade nicht, denn: Zong, da kommt schon die nächste Eilmeldung! Der US-Präsident hat getwittert, und sofort bebt das Netz für ein paar Minuten, ja, bis der nächste Tweet erscheint. Wer oder was gewinnt also in der Aufmerksamkeitsökonomie? Und wie lange hält gewonnene Aufmerksamkeit vor? Wie verwertet man sie? Über Trump, Schulz-Effekte, YouTube-Stars, Short-Seller-Attacken an der Börse, Aufmerksamkeitsspekulanten in der Presse. Wo bleibt dann das Wichtige & Ernsthafte? Das hatte früher die Autorität und die Macht, die Aufmerksamkeit für sich verlangen zu können. "Jeder schaut jetzt an die Tafel!" oder "Ich bin der Chef, hört zu!" Was der Mensch wissen musste, bestimmte ein Bildungskanon... Weil sich das Wichtige aber noch irrtümlich für eine Autorität hält, merkt es nicht (wie untergehende Konzerne in der Digitalisierung), dass nur noch blass wirkt und kaum noch Überzeugungskraft ausstrahlt hat. Es muss sich wandeln und interessant machen - aber wie geht das mit den heute trauernden Autoritäten, die sich kaum ins Netz trauen?
view more