Bei den Franziskanerinnen in Siessen gibt es sonntags nach der Heiligen Messe einen schönen kleinen Brauch: Die Küsterin gibt dem Zelebranten ein Tellerchen mit Schokolade. Und mit dem kann er dann den Ministrantinnen und Lektorinnen eine kleine Freude machen. Das ist nicht nur immer sehr lustig, sondern hat vor allem einen tiefen Sinn: Die Küsterin schenkt mir, gut sein zu können. So ist Gott. Mit der Vergebung schenkt er das Vergebenkönnen. Davon handelt das Gleichnis vom Gläubiger.
Ein Minister schuldet seinem König ein Vermögen, dessen Rückzahlung fällig wird. Der Minister fleht um Aufschub. Stattdessen bekommt er die Schuld geschenkt. Man übersieht leicht den Dissens: Der Minister hatte gar nicht um Erlass gebeten, sondern um mehr Zeit, um sich selbst gerecht machen zu können. Bei einem solchen Betrag ein schier unmögliches Vorhaben. Er bekommt geschenkt, was er gar nicht wollte.
Die Vergebung, die den König immerhin teuer zu stehen kam, hat er nicht angenommen und auch das Vergebenkönnen nicht. Stattdessen nimmt er seinen eigenen Schuldner für weit weniger in Schuldhaft.
Vergebung ist kein Kinderspiel. Aber wir lernen sie wie die Sache mit der franziskanischen Schokolade. Die Vergebung meiner unbezahlbaren Schuld, die Gott teuer zu stehen kommt, erbitten, mir sagen lassen und annehmen – das ist der Weg, auf dem wir lernen werden, vergeben zu können.
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