Die kritischen Zuhörer Jesu werden ungeduldig: „Wie lange noch willst Du uns hinhalten?“ (Joh 10,24) Viele kennen diese Ungeduld: Warum zeigst Du Dich nicht als mächtiger Gott, der den Menschen vor dem Bösen, vor Schmerz, Leid und Tod bewahren kann? Warum tust Du nichts? Wie lange willst Du uns noch hinhalten? Jesus gibt darauf zwei Antworten:
Die erste Antwort lautet: Ich habe gesagt, was sagbar, und offenbart, was zu offenbaren ist. Ich halte nicht Euch hin, vielmehr habe ich mich Euch hingehalten. Eine größere Eindeutigkeit ist hier und jetzt nicht möglich. Nun seid Ihr an der Reihe. Ich kann Euch den Schritt ins Vertrauen nicht ersparen. Es braucht Euer Ja, das sich aus der Begreifbarkeit ins Unbegreifliche, aus der Messbarkeit ins Unermessliche und aus dem Anspruch in die Liebe hinaustraut.
Die zweite Antwort lautet: Es ist noch nicht so weit. Und Ihr seid noch nicht so weit. Erst später wird Petrus den Sinn der Fußwaschung verstehen (Joh 13,7), erst später kann er dem vorausgehenden Herrn auf dem Weg folgen (Joh 13,13), erst später wird der Geist der Wahrheit die Jünger in die jetzt noch unerträgliche „ganze Wahrheit“ führen (Joh 16,13). Es gibt Fragen, auf deren Antwort wir warten sollen, Schicksale, deren Sinn uns einmal offenbart werden wird, und Wege, die zu gehen uns erst noch geschenkt werden muss.
Schenke mir, Herr, dass ich mich hintraue zu Dir,
und die Geduld, jeweils Deinen Augenblick zu erwarten.
Amen.
Fra' Georg Lengerke
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