In der Vorbereitung auf die Priesterweihe nahm die religionspädagogische Ausbildung in Vorbereitung auf den schulischen Religionsunterricht einen großen Raum ein. Während meines Schulpraktikums unterrichtete ich u.a. eine dritte Grundschulklasse in der Nähe von Mainz. In einer Stunde sprachen wir über das heutige Evangelium von der Einsetzung des Petrus als Fels der Kirche und die Übertragung der „Binde- und Lösegewalt“. Ursprünglich dachte ich, die Szene sei für die ca. achtjährigen Schüler zu abstrakt und kompliziert. Aber nachdem ich in der Klasse schon einige Überraschungen erlebt hatte, beschloss ich nach Rücksprache mit meiner Mentorin, es zu wagen.
Also fragte ich: „Was mag das denn bedeuten, dass Jesus zu Petrus sagt: ‚Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreiches geben‘?“ Nach einer kurzen Stille meldete sich Tankred. Tankred war ein kluger und geistlich sehr wacher Junge, der aber erst sehr spät sprechen gelernt hatte. Daher brauchte er immer ein wenig länger, um aussprechen zu können, was er sagen wollte. Als ich ihn drannahm, sagte er nach kurzem Zögern: „Der Petrus bekam die Schlüssel des Himmelreiches, weil er im Himmel immer ein und ausgehen können sollte…“ Ich merkte, dass Tankred noch nicht mit allem rausgerückt war, was ihm in Kopf und Herz umging. „Ja?“ Dann setzte er hinzu: „Also, der Petrus hat die Schlüssel des Himmelreiches bekommen, weil er so von Gott reden sollte, als wäre er schon mal im Himmel gewesen.“
Fra' Georg Lengerke
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