Jesus wirft den Schriftgelehrten und Pharisäern einen grundlegenden Relevanzirrtum vor:
Ihr macht das Kleine groß und das Große klein. Ihr macht Nebensachen zu Hauptsachen und Zwischenziele zu Lebenszielen. Und über das äußere Leben – mit der Erfüllung seiner Konventionen und Erwartungen – vergesst Ihr das innere Leben, nämlich Eure Grundausrichtung auf das richtige Ziel hin.
Über die vermeintliche Naivität der ersten Frage im alten Katechismus „Wozu sind wir auf Erden?“ hat man vielfach die Nase gerümpft. Aber viele Leute würden heute anders leben, wenn sie eine Antwort auf die Frage hätten, wozu sie eigentlich leben. Denn die Frage nach dem Wozu kommt vor der Frage nach dem Wie. Wenn ich nicht weiß, wohin ich reise, weiß ich auch nicht, was ich einpacken soll.
In dem Roman „Das Bildnis des Dorian Gray“ erzählt Oskar Wilde von einem jungen Mann, der mit seiner bleibend makellosen Schönheit und Jugend die Menschen zu einem abgründig verdorbenen Leben verführt. Ein verborgenes Porträt von ihm zeigt nach und nach die Spuren, die sein Leben auf seiner Seele hinterlässt. Als ihm dieser Anblick unerträglich wird, sticht Gray auf das Bild ein und wird – nun selbst ganz Bild des Grauens – mit dem Messer in seiner eigenen Brust gefunden.
Vor Gott wird es einmal kein Innen und Außen mehr geben. Hier sehen wir so aus, wie wir gelebt haben. Angenommen, das, was ich denke, rede und tue, meine Absichten und Vorstellungen hinterließen bleibende Spuren auf meiner Seele…
Wie möchte ich dann leben?
Fra' Georg Lengerke
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