Unsere Mutter ist eine geduldige Frau. Nur manchmal brachten wir sie an den Rand der Geduld. Dann nämlich, wenn unseren Kinderlaunen nichts recht war. Entweder kam das Erwünschte zur Unzeit oder zur rechten Zeit das Unerwünschte. „Wie man’s macht, ist es falsch!“ sagte sie dann. Und heute weiß ich, dass wir sie nur nach unserer Pfeife hatten tanzen lassen wollen.
So geht es Jesus: Johannes fastet und gilt als verrückt. Jesus isst und trinkt, und man hält ihn für einen Fresser und Säufer und für einen Verbündeten der Zöllner und Sünder. – Wie man’s macht, ist es falsch.
Es gibt eine Erwartung, dass Gott zu uns passt, dass er sich fließend eingliedern lässt in unsere spießige Lebenswirklichkeit. Aber Gott ist nicht gekommen, um unseren Erwartungen zu entsprechen oder unseren Stimmungen zuzustimmen. Dass Anspruch und Wirklichkeit auseinanderfallen, gehört zu ihrem Wesen. Nur wenn sie sich unterscheiden, haben sie einander etwas zu sagen. Was soll also die Klage?
Der Mensch Gewordene tanzt nicht nach der Pfeife der Menschen. Erst umgekehrt wird der Mensch frei.
Diese Umkehrung beschreibt Madeleine Delbrêl in „Der Ball des Gehorsams“: Wir sind eingeladen zum Tanz zur Melodie der Wirklichkeit, mit der Gott uns umgibt. Sie schließt:
Offenbare uns das große Orchester deiner Heilspläne, / Worin das, was du zulässt, / Einfach befremdliche Töne von sich gibt / Inmitten der Heiterkeit dessen, was dein Wille ist. / Wie einen Ball, / Wie einen Tanz, / In den Armen deiner Gnade, / Zu der Musik allumfassender Liebe. / Herr, komm und lade uns ein.
Amen.
Fra' Georg Lengerke
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