Wenn wir als Jugendliche gleichaltrige Verwandte kennenlernten und uns über eine bereits vorhandene Vertrautheit wunderten, wurde bei uns das Sprichwort zitiert, Blut sei eben dicker als Wasser. Sollte heißen: Verwandtschaft schaffe ein festeres Band als bloße Bekanntschaft. Mit der Verwandtschaft im Evangelium ist das so eine Sache. Hier finden sich drei Arten von Verwandtschaft:
Da ist erstens die familiäre Blutsverwandtschaft. Sie ist einerseits der Königsweg ins Leben und der erste Lernweg in die Welt. Andererseits muss sie korrigiert werden durch eine neue Ordnung, wenn der zwölfjährige Jesus im Tempel bleibt, Eheleute „Vater und Mutter verlassen“ oder Menschen „Gott mehr gehorchen“ sollen als den Verwandten.
Zweitens gibt es eine neue Verwandtschaft derer, die den Willen Gottes tun (Mk 3,35). Die kann sich mit der Familie überschneiden. Zu ihr gehören Christen, aber auch die, die das Gute tun, ohne Gott zu kennen.
Die dritte Art von Verwandtschaft ist die neue Familie derer, die das Wort Gottes miteinander hören und tun, die Jesus Christus kennen und bekennen und um seiner Liebe zu den Menschen willen ihr Leben, ihre Beziehungen und Prioritäten neu ordnen. Diese Verwandtschaft ist die Kirche und die Verbundenheit im Wasser der Taufe.
Wer wir für einander sind, entscheidet sich für uns Christen nicht mehr am Blut, sondern daran, worum es uns miteinander geht. Die Erneuerung der Kirche hängt auch davon ab, ob wir die neuen Verwandtschaften Jesu pflegen und ernst damit machen, dass in der Kirche das Wasser dicker ist als Blut.
Fra' Georg Lengerke
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