Wem von uns käme das einfach so über die Lippen: „Wir sind unnütze Knechte, wir haben nur unsere Schuldigkeit getan“? Bin ich unnütz? War mein Tagewerk nur die Begleichung von Schuld? War da nichts Ungeschuldetes, keine Großherzigkeit, kein Verdienst?
Natürlich sind wir nie nur unnütze Knechte. Sonst hätte Gott die Welt nicht dem Menschen anvertraut, die Kirche nicht auf das Fundament der Apostel gegründet oder mich nicht vermittels meiner Eltern geschaffen. Aber wir sind eben nicht die Retter der Welt – eher sollten wir aufhören, ihre Verderber zu sein. Der Retter der Welt ist nicht der Mensch als Gott, sondern Gott als Mensch. Und wir haben abends auch nie nur unsere Schuldigkeit getan, sondern hoffentlich auch anderes.
Aber manchmal denke ich mir: Meine Schuldigkeit getan zu haben, das wäre ja schon mal was. Viele von uns sind ja deshalb so erschöpft, weil sie alles Mögliche und Unmögliche für ihre Schuldigkeit halten. Aber wir schulden nur, was wir können oder noch lernen und einüben können. Zum Christsein gehört auch, unterscheiden zu lernen, was wir schulden und was nicht.
Es kann sein, dass einer 95 mal am Tag ja sagt und fünfmal nein und seine Schuldigkeit nicht getan hat. Und es kann sein, dass einer 95 mal am Tag nein sagt und fünfmal ja und seine Schuldigkeit getan hat.
Auch nach unserem Tagewerk sollen wir nach Gottes Willen fragen. Nur sollten wir dabei nicht vergessen, dass Gott nie nur etwas von uns, sondern immer auch etwas für uns will. Und es ist ein Zeichen erwachsenen Glaubens, ihm auch bei letzterem nicht im Wege zu stehen.
Fra' Georg Lengerke
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