Zu den Polarisierungen in der Kirche gehört das Auseinanderdriften von Grenzziehern und Grenzleugnern. Grenzzieher sind die, die nach einer Art binärem Code die Grenze zwischen drinnen und draußen, innerhalb und außerhalb der Gnade, Sündern und Gerechten berechnen zu können meinen. Sie merken nicht, dass das Leben keine Matheaufgabe ist und verwechseln nicht selten ihren Geschmack mit dem Dogma der Kirche.
Grenzleugner sind die, die schon das Reden von Grenzen für eine Diskriminierung halten. Sie merken nicht, dass auch jede Kontur eine Grenze ist und dass ohne solche Grenzen das Leben des Einzelnen wie der Kirche konturlos, gestaltlos und richtungslos wird.
Jesus weist heute auf zwei Unterscheidungen hin, die Grenzzieher wie Grenzleugner korrigiert.
Die eine betrifft seine Macht über die unreinen Geister, die lähmen und verstummen machen. Wo Menschen befreit werden, die Wahrheit in Liebe zu sagen und zu hören, weiterzusagen und zu tun (vgl. Eph 4,15), dort bricht Gottes Reich an. Auch und gerade dort, wo wir schmerzlich auszuhalten haben, dass sich die Wahrheit Gottes erst im Widerstreit unserer Wahrnehmungen offenbart.
Die andere betrifft die Haltung zu ihm außerhalb und innerhalb der Kirche. Außerhalb der Kirche gilt: „Wer nicht gegen uns ist der ist für uns“ (Mk 9,40). Innerhalb der Kirche gilt: „Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich; wenn nicht mit mir sammelt, der zerstreut.“ (Lk 11,23) Dieses Wort gilt mir. Es ist scharf und klar, streng und dennoch voller Liebe.
Dies ist alltäglich mein kürzestes Gebet:
Mit Dir!
Amen.
Fra' Georg Lengerke
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