Auf einem Pilgerweg von Innsbruck nach Rom habe ich einen alten Schlüssel um den Hals getragen. Er erinnerte mich an Petrus, zu dessen Grab ich unterwegs war, und an die „Schlüssel des Himmelreiches“, die ihm anvertraut waren.
Heute spricht Jesus vom „Schlüssel der Erkenntnis“. Den mit der Offenbarung Gottes Vertrauten ist ein Zugang zu der Erkenntnis gegeben, wer und wie Gott ist und wie Gott sich den Menschen denkt. Dieser Zugang sollte allen Menschen eröffnet werden – ob sie ihn annehmen oder nicht. Den Lehrern des Glaubens wirft Jesus vor, den Menschen „den Schlüssel zur Erkenntnis weggenommen“ zu haben. Sie selbst gehen nicht hinein und hindern jene, die es wollen. Diese Wegnahme geschieht auf zwei Weisen.
Entweder wird die Erkenntnis nicht mehr erschlossen, sondern vor die Tür geholt und vorgesetzt. Es wird so getan, als hieße Glaube nicht Erkenntnis des von anderen Bezeugten, sondern nur die Annahme des von anderen Erkannten.
Oder es wird behauptet, es gäbe überhaupt keine zu erschließende Glaubenserkenntnis. Die ganze Lebenswirklichkeit, auf die wir zu schauen und zu hören hätten, liege vor der Tür. Alles hinter ihr sei entweder fromme Spekulation oder eine autoritär oktroyierte Sicht der Dinge.
Wo kirchliche Verlautbarungen nicht mehr von Jesus Christus sprechen,
wo Offenbarung nicht mehr ist, als das allen und jedem ohnehin Plausible,
wo die Lehrer des Glaubens einen Schlüssel um den Hals tragen, von dem sie nicht sagen wollen oder vergessen haben, für welche Tür er ist,
– da hört bei laufendem Betrieb der Glaube still und heimlich auf.
Fra' Georg Lengerke
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