Wettervorhersagen gab es schon in der Antike. Wir deuten Naturphänomene daraufhin, wie das Wetter wird. Aber, so fragt Jesus, „warum könnt ihr dann die Zeichen dieser Zeit nicht deuten?“
Im II. Vatikanischen Konzil und seiner Rezeption wurde die Deutung der „Zeichen der Zeit“ zu einem Schlüsselbegriff für die Antworten der Kirche auf die Grundfragen der Menschen unserer Zeit. Freilich war auch kaum ein Begriff so umstritten. Für die einen ging es um die „Erfordernisse der Zeit“, denen die Kirche unbedingt nachzukommen, für die anderen um die „Bedrohungen der Zeit“, derer sich die Kirche unbedingt zu erwehren habe. Auch hier ist die Polarisierung mittlerweile so weit, dass die Vertreter beider Deutungen kaum noch miteinander reden.
Das Konzil sieht die Kirche in der „Pflicht, nach den Zeichen der Zeit zu forschen und sie im Licht des Evangeliums zu deuten. So kann sie dann in einer jeweils einer Generation angemessenen Weise auf die bleibenden Fragen der Menschen nach dem Sinn des gegenwärtigen und des zukünftigen Lebens und nach dem Verhältnis beider zueinander Antwort geben.“ (Gaudium et Spes 4).
Ich höre in unseren Debatten allerdings keine Deutung der Zeitzeichen, die als Antwort auf die Frage „nach dem Sinn des gegenwärtigen und zukünftigen Lebens“ taugt. Lebenssinn gilt als Privatsache. Wichtiger scheinen Ansehen und Struktur der Kirche.
Um das Ansehen der Kirche sollten wir uns nur am Rand kümmern. Aber ihre zeitgemäße Gestalt finden wir nur dann, wenn wir uns weniger um uns selbst als um die Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens sorgen.
Fra' Georg Lengerke
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