Das Evangelium vom Reich Gottes ist für uns eine Frohbotschaft, wo wir seine Gerechtigkeit erwarten, und eine Drohbotschaft, wo wir um unsere Selbstgerechtigkeit fürchten (vgl. BDZ vom24. März 2019). Natürlich kann man mit dem Evangelium Leuten auch Angst oder falsche Hoffnung machen. Aber ob die Botschaft Jesu selbst uns bedroht oder beglückt, liegt vor allem daran, wonach wir uns richten wollen, was wir wählen, was wir liebhaben und woran wir unser Herz hängen.
Als ich 2016 schwer erkrankte und kurzzeitig um mein Leben fürchtete, wurde ich an die Selbstverständlichkeit erinnert, dass mir eine begrenzte Zeit bleibt. Diese Wiederentdeckung hat Folgen für meinen Blick auf die Vergangenheit und auf die Zukunft.
Sie lehrt mich die Dankbarkeit für so viel mehr, als ich mir hätte wünschen oder ausdenken können. Und sie lehrt mich die Reue über Verfehltes und Vertanes, um schuldig Gebliebenes und um nicht gebrachte Früchte.
Von meiner Zukunft weiß ich nur, dass meine Tage gezählt sind – auch wenn ich ihre Zahl nicht kenne. Angenommen, man sagte mir heute (wie dem Feigenbaum), ich hätte noch ein Jahr zu leben. Wie möchte ich am Ende gelebt haben? Was sollte noch gesagt und getan, versucht und in die Waagschaale des Lebens geworfen werden? Was kann vielleicht erst jetzt wirklich gewagt werden, weil keine gedachte Zukunft mehr auf dem Spiel steht, die mich zum Feigling macht und daran hindert, mein Leben zu geben? Was ist zu tun und was ist zu lassen, um der Liebe und der Ehre Gottes Willen und um der Früchte Willen, die Gott nicht ohne mich hervorbringen will?
Fra' Georg Lengerke
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