Manchmal, wenn mir (wie heute) so gar nichts einfallen will, hilft es, spazieren zu gehen. Als ich aufbreche, treffe ich vor dem Haus eine Mitbewohnerin der Kommende, der ich meine Not schildere. „Ich frage mich ja,“ sagt sie, „warum die beiden Geheilten, obwohl sie schweigen sollen, loslaufen und drauflos plaudern.“
Darüber lohnt sich nachzudenken: Kein Dank, kein Innehalten, kein Wort darüber, was sie sehen oder was es für sie bedeutet, sehen zu können. Sie haben Jesus geglaubt, haben sich ihm anvertraut bis dahin, dass er ihnen ins Auge fassen darf. Es ist diese gläubige Verbundenheit mit ihm, die sie sehend macht.
Was wäre nun als nächstes dran? Zuerst mal Dank, Anerkenntnis des Geschenkten. Dann die Frage, wer das ist, der mich sehend macht. Und schließlich: Was sehe ich, was ich vorher nicht sah? Und was bedeutet diese erste oder neue Sicht? Was muss ich ändern angesichts dessen, was ich jetzt sehe und vorher nicht sah (oder zu sehen mich weigerte)?
Jesus „fährt sie an“, dass sie schweigen sollen. Es braucht Zeit, in der das, was äußerlich geschehen ist (die Heilung der Augen) auch den inneren Menschen (seine Sichtweise und Ansichten) prägen und verwandeln kann. Das Wunder ist nicht bloß die Verwandlung eines Blinden in einen Sehenden, sondern die eines Sehenden in einen Erkennenden.
Auch das ist der Advent: Eine Zeit, in der wir der Versuchung widerstehen, zu veräußern was wir verinnerlichen sollen. Eine Zeit des Schweigens und des Gesprächs mit dem, der das Licht der Welt ist.
Manchmal ist schon ein Anfang, einfach nur spazieren zu gehen.
Fra' Georg Lengerke
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