Als Jesus die vielen müden und erschöpften Menschen sieht, tun sie ihm leid. Sie kommen ihm vor, „wie Schafe, die keinen Hirten haben“, wie Menschen, nach denen niemand sieht, die keiner behütet und niemand geleitet. Mir scheint, dass damit das Lebensgefühl vieler Menschen in der Kirche und um sie herum auch heute ziemlich gut auf den Punkt gebracht ist.
Seltsam ist nur, dass Jesus darüber gar nicht bestürzt zu sein scheint – obwohl ihm das Mitleid doch (im Griechischen) in die „Innereien“ geht. Er sagt nur: „Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter.“
Zuerst beklagt er nicht den Mangel, sondern er sieht die Ernte: jene Menschen also, die Sehnsucht nach dem guten Hirten haben, der sie in die Freiheit führt. Er sieht jene, die bei ihm ein Zuhause finden sollen und hereingeholt werden sollen in sein Haus und an seinen Tisch.
In der Kirche höre ich heute meist eine andere Reaktion: „Die Arbeit ist (zu) viel, wer soll das alles machen?“
Wir sehen, was zu tun ist.
Er sieht, was schon gewachsen ist.
Wir sehen, wie mühsam es ist.
Er sieht, wie reich es ist.
Wir lassen die Leute, wo sie sind.
Er will die Menschen bei sich haben.
Wir fragen uns, wer die Arbeit machen soll.
Er bittet den Vater um Helfer für das Erntefest.
Wir kaufen Leute ein, die es richten sollen.
Er vertraut auf die, die ihr Leben geben wollen.
Es scheint, als hätten wir und er ziemlich verschiedene Ansichten. Ich muss an die Plakatwerbung einer Freikirche denken: „Wir müssen reden. Gott“ Und dann sollten wir gut hinhören, wenn uns an Christus und seiner Kirche wirklich was liegt.
Fra' Georg Lengerke
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