Wenn wir von einer „Heimsuchung“ sprechen, ist in der Regel ein eintreffendes Unglück gemeint. Die Heimsuchung Elisabeths durch Maria ist dagegen ein unbegreifliches Glück. So unbegreiflich, wie es der Ausruf Elisabeths sagt: „Wer bin ich [wörtlich: Wie geschieht mir], dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?“ Elisabeth weiß nicht, wie ihr geschieht.
Mit ihren Müttern begegnen einander Johannes der Täufer und Jesus. Der Wegbereiter des Königs und der König selbst. Elisabeth hört den Gruß Mariens. Und mit diesem Gruß vernimmt ihr Kind die Nähe des Erwarteten, so dass es im Leib seiner Mutter zu hüpfen beginnt. Die frühe Kirche sieht darin zugleich die Begegnung zwischen dem Alten und dem Neuen Bund, zwischen Erwartung und Erfüllung.
Elisabeth und Maria stellen damit auch uns im Advent dar. Elisabeth trägt unsere Erwartung auf den Erlöser unseres Lebens in sich und die Stimme der Umkehr, die unser Gewissen, unsere con-scientia, unser Mit-Wissen mit Gott ist. Maria trägt in sich die Erfüllung, den Erlöser der Welt. Sie ist die Christus-Trägerin, die Gott in sich Raum gegeben hat, damit er uns heim-suchen, unser Heim suchen, sein Heim unter uns suchen und finden kann.
„Wie geschieht uns…?“, können wir mit Elisabeth fragen und können mit ihr bekennen, das mit der Mutter Gott als Mensch zu uns kommt, damit wir mit ihr zu Christus-Trägern werden.
„Das ist die erste Predigt auf Erden“, schreibt Martin Luther über den Ausruf Elisabeths, „dass Maria die Mutter des Herrn ist, und kommt von der alten ehrlichen Matrone … Herr ist der Name des rechten Gottes.“
Fra' Georg Lengerke
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