„Fürchtet euch nicht!“ Mit diesem Wort des Engels beginnt die Weihnachtsbotschaft. Wenn man mir als Kind sagte, ich solle keine Angst haben, hieß das meistens so was wie: Der Hund will nur spielen. Also: Du hast keinen Grund, dich zu fürchten.
Für viele gibt es aber Gründe zur Furcht: Furcht vor dem großen Stromausfall oder Veränderungen des Klimas, vor Radikalisierung oder Terror. Furcht vor dem Fremdsein oder dem Fremden. Furcht vor dem Scheitern in der Ehe, vor der Spaltung der Kirche oder vor der Entfremdung der Enkel von Christus.
Ich stelle mir vor, dass die Hirten einen Blitz lang die „unsichtbare Welt“ (Credo) gesehen haben; jene Mächte und Gewalten, die in der Liturgie noch genannt aber sonst nur noch in esoterischen Sekten thematisiert werden. Die himmlische Herrlichkeit, die uns unsichtbar umgibt. Die ist schön und furchtbar zugleich, weil sie unendlich viel größer und mächtiger ist als alles, was unser Leben gefährlich macht.
Deshalb kommt Gott als ein Kind. Die Botschaft ist nicht: Fürchtet Euch nicht, denn Gott ist harmlos. Sondern: Fürchtet Euch nicht, denn Euer Retter kommt als „ein Kind, […] in Windeln gewickelt“. Damit Ihr Euch vor ihm nicht fürchtet wie vor den anderen Mächten. Er überwindet als Mensch die Furcht vor unserer Bosheit, damit wir unsere Furcht vor seiner Güte überwinden.
Gott, Du wirst Mensch
in meine Furcht hinein.
Du kommst in das Diesseits
dessen, was mich fürchten macht.
Lass mich, verbunden mit Dir,
mutig werden mit meinen Nächsten
in Deiner geliebten, gefährlichen Welt,
damit wir uns nicht mehr fürchten –
als unbedingt nötig.
Amen.
Fra' Georg Lengerke
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