Unter den behinderten Freunden, mit denen wir Malteser im Libanon jeden Sommer einige Wochen Ferien machen, sind eine Reihe „Findelkinder“. Kinder, die vor der Tür des Heimes, in verlassenen Häusern oder im Müll gefunden wurden. Ihre Mütter und Väter, ihre Herkunft und ihre Geschichte sind nicht bekannt.
Auch Jesus wird „gefunden“. Aber nicht allein. Lukas schreibt: Die Hirten „fanden Maria und Josef und das Kind, das in einer Krippe lag“. Gott kommt nicht in einer apokalyptischen Erscheinung, in einer geheimnisvollen Manifestation oder in einem übernatürlichen Wesen, das weder Tier noch Mensch ist…
Gott wird als Mensch geboren. „Ein Kind wird euch geboren“, hören wir zu Weihnachten vom Propheten Jesaja. Und den Hirten wird vom Engel gesagt, dass es „heute“ soweit ist: „Heute ist Euch […] der Retter geboren“. Die Hirten finden Jesus und Maria, den Geborenen und die Gebärerin. Und mit Maria finden sie das Ja, das Gott die Tür geöffnet hat, den Leib, der Gott Raum gab, den Weg, den Gott zu uns genommen hat; sie finden die Mutter und Weggefährtin Jesu und der ersten Jünger; sie finden das Urbild der Kirche, in der das Wort Gottes die Wirklichkeit findet und verwandelt.
Es klingt missverständlich nach Umweg, wenn gesagt wird, wir kämen nicht ohne Maria zu Jesus. Entscheidend ist, dass Jesus nicht ohne Maria zu uns kommt. Deshalb ehrt die Kirche Maria als Mutter des Herrn und seiner Jünger und also als ihre Mutter. Deshalb kommuniziert und betet die Kirche mit Maria. Deshalb vertraut sie sich ihr und mit ihr Christus an – auf dem Weg durch das heute begonnene Jahr.
Fra' Georg Lengerke
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