Im Prolog des Johannesevangeliums deutet sich das ganze Drama der Erlösungsgeschichte in einem kleinen Satz bereits an: „Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.“ (Joh 1,11)
Das irdische Leben Jesu beginnt wie es endet: in Bethlehem in einer Krippe, weil „in der Herberge kein Platz […] war“ (Lk 2,7). In Jerusalem „außerhalb des Tores“ (Hebr 13,12) am Kreuz der Verfluchten.
Dass die Seinen ihn nicht aufnahmen, wurde oft als Polemik gegen die Juden gelesen. Aber erstens heißt es im Satz davor, dass „die Welt“, die durch ihn geworden ist, ihn nicht erkannt habe. Und zweitens war es Rom, Weltmacht und Stellvertreterin der Welt, die Jesus auf Druck der religiösen Obrigkeit folterte und hinrichtete.
Vor allem aber spricht dieser Satz prophetisch über unsere Geschichte als Christen nach Ostern und Pfingsten. Wie oft wurde Christus von den Seinen nicht aufgenommen, sondern hat vor den Toren der Stadt gelitten?
Wie viele Getaufte sind zwar sakramental „die Seinen“ aber hatten entweder nie eine Chance oder gar nicht den Wunsch, ihn aufzunehmen? Und wie vielen von uns in der Kirche geht es auch im Gebet nur um sich und die erbetenen Gaben, aber nicht darum, ihren Geber aufzunehmen. Das sollten wir weder beim Beten noch bei all der Schenkerei zu Weihnachten vergessen, dass die eigentliche Gabe Gottes seine Mensch gewordene Liebe zu uns und unseren Nächsten ist. An deren Annahme oder Ablehnung entscheidet sich unser Leben, das Leben der „Seinen“: „Die Seinen nahmen ihn nicht auf. […] Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden.“
Fra' Georg Lengerke
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