Wer in vier Sätzen zehnmal das Wort Liebe oder lieben verwendet, läuft Gefahr, seine Leser zu verwirren. Doch Entwirrung lohnt sich, denn gerade in dieser Überfülle steht eine der zentralen Aussagen des Neuen Testaments: „Gott ist Liebe“.
Leider haben wir in der sonst so reichen deutschen Sprache nur ein Wort für Liebe. Das Griechische unterscheidet die Liebe von Freunden (Philia), die erotische Liebe (Eros) und die gottgemäße Liebe (Agape). Weisen der Liebe, die voneinander nicht zu trennen sind.
Hier ist von der Agape die Rede. Sie ist das Wesen Gottes, jene Liebe, die vom Geben und Empfangen lebt und der es ganz um den Anderen geht. Der Vater schenkt sich dem Sohn, der Sohn empfängt sich vom Vater, der Heilige Geist ist das Licht, das dem einen den anderen zeigt und sich mit dem einen am anderen freut.
Die göttliche Agape will Mitliebende. Jeder, der seinen Nächsten um seiner selbst willen liebt, liebt mit Gott. Ob er das weiß oder nicht. Wenn einer das Wesen der Liebe erkennt, erkennt er das Wesen Gottes, auch wenn er Gott noch nicht als personales, liebendes Gegenüber erkannt hat.
Es gibt eine „Ökumene“ der mit Gott Liebenden, die oftmals quer zur Ökumene der Kirche verläuft. Nach denen sollten wir Ausschau halten, über die Kirche hinaus. Ihr Zeugnis der Liebe geht uns an. Und unser Zeugnis schulden wir ihnen: dass Gott uns Menschen zuerst geliebt hat und sich mit uns verbindet in Jesus, seinem Sohn.
Die Anrede in diesem Briefabschnitt lautet „Agapetoi“ – „Geliebte“. Wie wäre das, wenn man uns anmerkte und wir die Liebenden der Welt merken ließen, dass sie und wir „Geliebte Gottes“ sind?
Fra' Georg Lengerke
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