Als Samuel gerufen wird, ist es Nacht. Die Welt schweigt und schläft. Doch Nacht ist auch, weil wenig von und mit Gott gesprochen wird – und deshalb auch Gott nur wenig spricht. Der Priester ist blind. Doch die Lampe Gottes brennt noch.
Der dreimalige Ruf an Samuel ist ein Lehrstück zum „Hören auf Gott“ und zur „geistlichen Begleitung“.
Oft erreicht uns der Ruf Gottes durch den Ruf anderer: durch einen Menschen, der uns die Wahrheit sagt, durch einen, der uns braucht, durch einen, der unsere Gaben erkennt. Aber die Heilige Schrift betont mal die Einheit von Gotteswort und Menschenwort, mal ihre Unterschiedenheit.
Die Einheit dort, wo die Propheten das von ihnen Vernommene im Namen Gottes weitersagen: „So spricht der Herr... “, oder wo Jesus selbst durch das Wort der Apostel spricht: „Wer euch hört, hört mich!“ (Lk 10,16) Die Unterschiedenheit dort, wo Jesus den Menschen sagt, dass sie niemanden Meister, Vater oder Lehrer nennen sollen, weil in allem Gott selbst ihr eigentlicher Meister, Vater und Lehrer ist (Mt 23,8-10).
Oder eben hier: Geistliche Lehrerschaft besteht nicht darin, den Anderen auszurichten, was Gott ihm sagen lässt, sondern darin, ihn zu befähigen, selbst zu hören, was Gott zu sagen hat:
„Wenn er dich wieder ruft, dann antworte: Rede, Herr; denn dein Diener hört.“
Wecke mein Ohr,
damit ich Dich höre.
Wecke meine Augen,
damit ich ausschaue nach Dir.
Wecke meinen Geist,
damit ich Dich verstehe.
Wecke meine Seele,
damit ich Dich lobe.
Wecke meinen Leib,
damit ich mich bewege.
Wecke mein Herz,
damit ich mit Dir liebe.
Wecke mich und rede, Herr,
denn Dein Diener hört.
Amen.
Fra' Georg Lengerke
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