Samuel ist alt geworden. Nun will das Volk einen König. Warum? Weil alle anderen Völker auch einen König haben.
Es gibt zwei Urversuchungen des Volkes Gottes bis in die Kirche der heutigen Tage: Entweder sie will unbedingt anders sein als alle anderen. So als wäre sie eine Institution „sui generis“ („eigener Art“), die sich von anderen nichts sagen lassen und nichts von ihnen lernen muss. Oder sie will unbedingt so sein wie alle anderen. So als müsse die katholische Kirche werden wie die evangelischen, die Caritas wie jede humanitäre Organisation oder die kirchliche Verwaltung wie jedes andere Management auch.
Um die letztere Versuchung geht es in der heutigen Lesung. Israel unterscheidet sich von allen anderen Völkern dadurch, dass es keinen König hat, weil Gott ihr König ist. Die Königsherrschaft Gottes prägt sein Leben, seine Verantwortung, sein Selbstverständnis und alle Beziehungen.
Einen König wie alle haben zu wollen bedeutet, Gott selbst und sein identitätsstiftendes Königtum zu verwerfen. Samuel führt Israel vor Augen, wohin das führt: Es wird Euch genauso gehen wie allen anderen Völkern mit ihren Königen: Er wird Euch knechten.
Sören Kierkegaard diagnostiziert beim Menschen, der entweder verzweifelt er selbst sein will oder verzweifelt nicht er selbst sein will eine „Krankheit zum Tode“.
Ähnliches gilt von der Kirche: Wo sie nicht mehr danach fragt, wie Gott sie will, sondern entweder verzweifelt sein will, wie alle anderen, oder verzweifelt nicht sein will, wie alle anderen, da lautet die Diagnose genau so: Sie leidet an einer „Krankheit zum Tode“.
Fra' Georg Lengerke
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