„Darf ich bekannt machen?“ ist eine rhetorische Frage gesellschaftlicher Konvention. In der Regel folgt dann eine Vorstellung einer mir bisher unbekannten Person. Der, der mir den Anderen vorstellt, muss ihn nicht besonders gut kennen. Es reicht, wenn er seinen Namen weiß und vielleicht noch, warum diese Begegnung für einen von uns beiden relevant sein könnte. Oftmals wird sich der vorstellende Dritte dann zurückziehen und uns unserer Unterhaltung überlassen.
Das ist die Rolle Johannes‘ des Täufers. Er erkennt in Jesus den, den die Propheten das „Lamm Gottes“ nennen und der göttliche, Sünden vergebende Macht hat. Mehr scheint er nicht von ihm zu wissen: „Auch ich kannte ihn nicht.“ Aber das reicht. Seine Aufgabe ist, „mit Wasser zu taufen“, um „ihn Israel bekannt zu machen“, oder genauer: „damit er Israel offenbart werde“, wie es dort wörtlich heißt. Johannes schafft den Raum, in dem Jesus als Sohn Gottes offenbar wird.
Wir können diese Szene an der Seite der Zuhörer des Täufers oder an der Seite des Täufers hören. An der Seite der Hörer wird uns gesagt, dass wir Ausschau halten sollen nach Menschen, die auf Jesus hinweisen, damit er selbst sich uns offenbaren kann, damit wir ihn kennen lernen und mit ihm zu reden, zu leben und mit ihm die Menschen zu lieben beginnen. An der Seite des Täufers wird uns gesagt, dass wir nicht warten sollen, bis wir Jesus in- und auswendig kennen, damit er sich den Menschen offenbaren kann. Es reicht, dass wir ihn zu erkennen begonnen haben, um auf ihn hinzuweisen.
„Darf ich bekannt machen?“—O ja, das solltest Du unbedingt tun.
Fra' Georg Lengerke
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