Der Krieg zwischen König David und seinem Sohn Abschalom ist mehr als ein antikes Familiendrama.
Dem König steht nicht ein verhasster Feind, sondern sein geliebter Sohn gegenüber. Den will David unbedingt schonen (2 Sam 18,5). Er kämpft gegen seine Truppen, seine Gier nach dem Thron, seinen Zorn auf den Vater – immer in Sorge um den Sohn. David will den Feind retten und die Feindschaft töten. Das wird später Paulus über Christus schreiben: „Er hat in seiner Person die Feindschaft [zwischen Juden und Heiden] getötet“ (Eph 2,16).
Auf der Flucht bleibt Abschalom mit den Haaren in einem Baum im Wald Ephraim hängen (2 Sam 18,9; Flavius Josephus). Dort wird er von Davids Heerführer Joab getötet. Was eine Freudenbotschaft sein soll, stürzt den David in eine verzweifelte Klage um den Sohn. Sie gipfelt in dem Ausruf: „Wäre ich doch an deiner Stelle gestorben.“ Mich haben das vor allem Mütter schwerkranker Kinder gelehrt, dass die Liebe sagt: Könnte ich doch an Deiner Stelle sein.
Tausend Jahre nach Abschalom wird in Jerusalem wieder einer an einem Holz hängen. Von ihm werden die Seinen sagen: Er hat wahr gemacht, was die Liebe sagt: Ich will an Deiner Stelle sein, damit du lebst.
Joab macht dem David später den gleichen Vorwurf, der Jesus und den Seinen bis heute gemacht wird: „Du zeigst ja denen deine Liebe, die dich hassen, und deinen Hass denen, die dich lieben.“ (2 Sam 19,7)
Der Verdacht, dass der, der meinen Feind liebt, mein Feind sein muss – das ist vermutlich eines der größten Hindernisse, das Menschen von Gott trennt.
Das Familiendrama zwischen David und Abschalom ist das unsrige.
Fra' Georg Lengerke
view more