Ein Fest am Hof des Herodes. Die Tochter seiner Geliebten tanzt und darf sich vom König etwas wünschen. Das Kind spricht mit seiner Mutter. Die sieht ihre Stunde gekommen. Und so wünscht sich das Mädchen „den Kopf des Täufers Johannes“.
Wir wissen nicht, ob es einen längeren Kampf in Herodes gegeben hat. Wir wissen nur, dass er den Täufer „fürchtete“ und zugleich „ihn gerne hörte“. Offenbar gab es noch einen Rest im Tyrannen, der die Sehnsucht nach Gottes Wort und Willen nicht ganz verloren hatte.
Aber etwas anderes ist stärker. „Weil er vor allen Leuten einen Schwur getan hatte“, lässt Herodes Johannes enthaupten.
Wenn wir sagen: „Jemand verliert sein Gesicht“, dann meinen wir nicht Augen, Mund und Nase, sondern sein Ansehen bei den Menschen. Die Sorge, das Gesicht zu verlieren, kann uns entweder davor bewahren oder dazu bringen, eine Menge dummes Zeug zu tun. Schlimm wird es, wenn wir versuchen, das falsche Bild aufrecht zu erhalten, das sich andere von uns gemacht oder wir ihnen von uns gegeben haben.
So geht es Herodes: Er will sein dummes Wort halten und für einen Ehrenmann gehalten werden. Er will sein Gesicht nicht verlieren und verliert stattdessen lieber sein Gewissen, das in Gestalt des Täufers geschätzt und zugleich gehasst in seinem Keller sitzt.
Das kann der schmerzvollste und zugleich glücklichste Moment im Leben eines Menschen sein, dass er sein Gesicht verliert, damit sein wahres Gesicht zum Vorschein kommt. Sein „Angesicht“, das sich sehen und anschauen lässt – von den Menschen und von Gott. Einem solchen Angesicht kann Gott sich zeigen.
Fra' Georg Lengerke
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