Im Streit um die Vaterunser-Bitte „Und führe uns nicht in Versuchung“, wird oft der heutige Satz aus dem Jakobusbrief zitiert, dass Gott niemanden in Versuchung führt. Wie können wir beides richtig verstehen?
„Seid voll Freude […] wenn ihr in mancherlei Versuchungen geratet.“ hieß es gestern am Beginn des Briefes (Jak 1,2). Das griechische Wort „peirasmos“ bedeutet sowohl „Anfechtung“ als auch „Prüfung“ oder „Bewährung“. In der Begegnung mit Widerstand werden wir erprobt und sollen uns bewähren. So werden wir im Umgang mit der wirklichen Welt in der Geduld und in der Kraft zum Guten wachsen. In der Tat ein Grund zur Freude.
Dass wir Widerstand begegnen, ist unvermeidlich und lebensnotwendig. Schwerkraft z.B. ist ein Widerstand, der mir allmorgendlich zur Versuchung wird. Gott hat mich in diese Versuchung geführt, aber er will nicht, dass ich auf sie hereinfalle. Ähnliches gilt für verlockend böse Ansinnen, die mir unvermeidlich begegnen.
Gott versucht uns nicht. Er will nicht, dass wir fallen. Aber er führt uns dauernd auf Wegen, auf denen wir versucht werden. Und im Einüben von Widerstand sollen wir wachsen in allem Guten.
Gott, Du führst mich auf Wegen
mit Prüfungen, Bewährungen und Versuchungen.
Auf ihnen erkenne ich meine Schwächen und Stärken.
Auf ihnen werde ich geübt im geistlichen Kampf.
Auf ihnen wachse ich an dem, was Du mir zumutest.
Du verantwortest alles, was mir begegnet.
Lass mich nicht dahin kommen,
wo der Versucher Macht über mich gewinnt.
Lass nicht zu,
dass ich über meine Kraft versucht werde.
Und wenn es sich vermeiden lässt,
führe mich nicht in Versuchung.
Amen.
Fra' Georg Lengerke
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