Viele Christen haben kein Problem mit der Feindesliebe. Aber nicht etwa deshalb, weil sie keine Feinde hätten oder ihnen die Liebe der Feinde leichtfiele. Sondern weil sie sich sicher sind, dass Jesus ausgerechnet ihre Feinde nicht gemeint haben kann. Eine Frau sagte mir neulich, die streitsüchtige Nachbarin sei zwar eine blöde Kuh (das habe sie ihr neulich auch mal gesagt). „Feindin“ sei aber doch ein zu starkes Wort. Nur das Miststück zu lieben könne keiner erwarten.
Jesus sagt nicht, wir sollten unsere Feinde nett finden oder Freude an ihnen haben. Wir sollen auch nicht ihre Nähe suchen oder gerne bei ihnen sein.
Von uns ist nicht mehr oder weniger gefordert, als dass wir ihr Gutes wollen und das uns Mögliche tun, damit sie jene Gutheit finden und in ihr wachsen können, zu der sie als Menschen ursprünglich gerufen sind.
Das wird möglich, wo wir glauben, dass auch der verkommenste und böseste Mensch von Gott geliebt ist. Und zwar so sehr, dass dieser Gott ein Mensch wird und selbst in die Verlorenheit geht, in der sich alle Menschenrache an ihm austobt. Gott liebt den Sünder und hasst die Sünde. Für ihn darf auch mein Feind um Himmels willen nicht verloren geht.
Die Feindesliebe duldet keine Verharmlosung. Weder vom Geliebten noch vom Liebenden. Die Netten lieben kann jeder. Feindesliebe ist der Ernstfall der christlichen Liebe, der Mitliebe mit Gott.
Ich bitte Dich, Herr,
nicht um Gefühle der Liebe
für den, der an mir schuldig wurde.
Sondern nur darum,
dass ich ihn Dir überlassen kann
und Dir die Liebe glaube zu ihm
und zu mir.
Und vergib mir,
wo ich der Feind meines Feindes war.
Amen.
Fra' Georg Lengerke
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