Zum Fasten gehört, dass wir die Barmherzigkeit Gottes mitvollziehen. So haben wir gestern gehört. Sie gilt zuerst dem, der sie empfängt. Aber sie verändert auch den, der sie mitvollzieht. Wo wir uns Gottes in Jesus offenbarte Barmherzigkeit zu eigen machen, dort „geht im Dunkel unser Licht auf“. Unser Bestes kommt zum Vorschein. Nicht, damit wir glänzen, sondern so, dass wir zu einer Gabe werden, die das Leben unserer Nächsten – und besonders der Verdunkelten—hell macht, über unsere eigenen Möglichkeiten hinaus.
Und über uns als Einzelne hinaus. Jesaja spricht davon, dass das Volk Gottes neu zum Vorschein kommt. Was einer Ruine gleicht, wird neu aufgebaut, die Grundmauern vergangener Generationen werden wiederhergestellt. Nicht im Sinne der Restauration eines musealen Gebildes. Auch nicht wie eine alte Fassade, die man aus Denkmalschutzgründen vor einen Neubau gesetzt hat.
Es geht um die Wiederauffindung dessen, was Gott geschenkt hat und noch schenkt. Gottes Gnade ist ja wie er selbst: immer neu und zugleich immer dieselbe. Von den Tagen Abrahams bis in unsere Zeit.
Auch das ist Frucht des rechtverstandenen Fastens: dass durch die Erneuerung unserer Herzen, unseres Denkens und Urteilens, unserer Beziehungen und Verhältnisse auch die Kirche neu bewohnbar wird. Martin Buber hat es in seiner „Verdeutschung der Schrift“ (der ganze Abschnitt ist in der schriftlichen Version angehängt) so verstanden:
Trümmer der Vorzeit
bauen die Deinen auf,
Grundmauern von Geschlecht für Geschlecht
errichtest Du wieder,
Rufen wird man Dich
Rißverzäuner,
Rückbringer der Pfade für die Besiedlung.
Fra' Georg Lengerke
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