Wieder eine dieser Zuspitzungen. Wieder eine Wahl. Wieder geht es um Fluch oder Segen: Verflucht, wer auf Menschen ohne Gott vertraut. – Gesegnet, wer auf den Herrn sich verlässt und hofft.
Die Zuspitzung ist auch rhetorisch bedingt. Denn wir können gar nicht exklusiv auf Gott ohne seine Geschöpfe vertrauen. Denn Gott wirkt immer auch durch seine Schöpfung. Aber wir können sehr wohl exklusiv auf Menschen ohne Gott vertrauen. Für manche Wissenschaftler ist das sogar die große rettende Vision: die Erde als ganze in der Hand des letztverantwortlichen Menschen – das sog. Anthropozän.
Jeremia nennt das einen Fluch und einen Weg in Dürre und Unbewohnbarkeit. Nicht nur, weil der Mensch überfordert ist. Er hat mich ja nicht mal gemacht und kann weder mein Glück noch mein Überleben gewährleisten. Sondern auch, weil der Mensch, wie Jeremia sagt, ein unergründlich arglistiges und unverbesserliches Herz hat.
Was macht denn gerade die Angst vor einer noch gar nicht eingetretenen allgemeinen Not aus vielen Menschen? Sie raffen und horten, was andere zum Leben brauchen; das Gehortete wird zu horrenden Preisen weiterverkauft, und aus Operationssälen (!) werden Mundschutze und Desinfektionsmittel gestohlen.
Ich fürchte nicht den Virus. Ich fürchte, was aus dem Herzen des Menschen an Grauen zum Vorschein kommt.
Christen setzen übrigens ihr Seelenheil aufs Spiel, wenn sie sich religiös am Geschäft mit der Angst beteiligen. Aber die Frage des Propheten Jeremia steht doch vernehmlich im Raum, ob wir wirklich eher auf die Göttlichkeit des Menschen als auf die Menschlichkeit Gottes vertrauen wollen.
Fra' Georg Lengerke
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