Was einer „in der Wolle gefärbt“ ist, das ist er durch und durch. Sei er ein „in der Wolle gefärbter“ Schuft oder Menschenfreund. Die Redewendung kommt im 16. Jh. auf. Wenn schon die Wolle gefärbt wird und nicht erst das fertige Kleidungsstück, dann hat die Farbe länger bestand.
An diese Formulierung musste ich bei der heutigen Lesung denken. Sie knüpft an die Klage Gottes an über die Verlogenheit des Gebetes ohne Bekehrung. Eure Gebete, sagt Gott, „sind mir in der Seele verhasst, sie sind mir zur Last geworden, ich bin es müde, sie zu ertragen. […] Wenn ihr auch noch so viel betet, ich höre es nicht.“ (Jes 1,14-15)
Die Menschen beten, so sagt der Prophet, und halten ihre Schuld doch für unvermeidbar und unabänderlich. Sie entschuldigen sich: „So bin ich eben!“ Sie halten Bekehrung für ein Relikt unaufgeklärter Religiosität. Und obwohl sie an ihr leiden, sie wollen an die missbrauchte Freiheit ihrer Schuld nicht erinnert werden.
Doch selbst, wenn sich jemand für einen „in der Wolle gefärbten“ Sünder hält – Gottes Vergebungsmacht ist stärker als unsere Gewöhnung an unsere Verstricktheit und Schuld: „Sind eure Sünden wie Scharlach, weiß wie Schnee werden sie. Sind sie rot wie Purpur, wie Wolle werden sie.“ (Jes 1,18)
Gütiger Gott, Du All-Erbarmer,
erneuere in mir die Freiheit,
mich Dir zuzuwenden.
Wecke mein Herz und mein Gewissen!
Lass mich erkennen,
wie es um mich steht,
und nimm von mir
die Gewöhnung,
die mich von Dir trennt,
Denn allein Deine Vergebung
kann mich zu einem befreiten,
vom Blut „in der Wolle entfärbten“,
Jünger Deiner Liebe machen.
Amen.
Fra' Georg Lengerke
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