Das Gleichnis vom Weinberg beschreibt die Geschichte von Gottes Werben um sein Volk. Der Besitzer sendet Knechte, um nach dem Weinberg zu sehen und die ihm zustehenden Früchte abzuholen. Die Pächter verprügeln sie oder bringen sie um. So schließlich auch den Sohn des Besitzers, mit dessen Tod sie den Weinberg in ihren Besitz zu bringen hoffen. Aus dessen Verwerfung entsteht ein erneuerter Weinberg. Dessen Pächter geben dem Besitzer, was ihm zusteht.
Die Versuchung der Christen war und ist groß, dieses Gleichnis als Ablösungsgeschichte von Israel zur Kirche zu verstehen. So als sei mit dem Tod und der Auferstehung Jesu diese Geschichte zu einem guten Ende gekommen.
Aber das Gleichnis handelt nicht nur vom „Weinberg Israel“ (Jes 5,7), sondern auch von der Kirche. Denn für viele der neuen Pächter ist das Gleichnis nicht etwa die Geschichte ihrer Legitimation, sondern eher der Spiegel, den Jesus ihnen über die Zeiten hinweg vor Augen hält.
Denn überall dort, wo von Jesus, dem Sohn, gar nicht mehr die Rede ist, dort ist der Weinberg Gottes bei aller äußerer Ordnung und Effektivität längst verwahrlost und dem Besitzer entfremdet. Noch immer schickt Gott seine Boten und in ihnen seinen Sohn. Noch immer werden die Boten Gottes überhört und verworfen und damit auch Gott, der sie sendet.
Herr, Du hast uns Deinen Weinberg anvertraut,
den Ort,
an dem im Gerede der Welt
Du das Sagen hast,
der Ort,
an dem wir mit Dir verbunden leben,
und Deine Frucht bringen für die Welt.
Lass uns wiederentdecken,
was Du uns geschenkt,
und auf den hören,
den Du uns gesandt hast.
Amen.
Fra' Georg Lengerke
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