Neulich protestierte ein Freund von mir: „Dass der jüngere Sohn einfach so wiedereingesetzt wird, ist ungerecht. Da fühle ich mich dem braven Älteren viel näher.“ Auch ich empfinde die Provokation. Aber zwei Dinge stimmen nicht: Die Barmherzigkeit tut nichts „einfach so“, sondern sie erleidet alles bis zum Grund durch. Und der Ältere ist nicht „brav“, sondern außen vor. Und dort bleibt er auch, wenn er nicht hinein will.
Wir dürfen den Weg des Jüngeren nicht verharmlosen. Er hat nicht einfach nur ein „dirty weekend“ hinter sich, dass leider buchstäblich ein Vermögen gekostet hat. „Er war tot und lebt wieder“, sagt der Vater über ihn. Er hat sich vernichtet, verkauft, hat seine Sohnschaft umgebracht, so dass er sich jetzt nur noch als Knecht zurückzukommen traut. Diesen Weg geht Jesus uns bis in den Tod nach, damit wir Verlorenen in der Auferstehung nach Hause finden.
Und der Ältere? Er muss sich vom Vater an sein wahres Erbe erinnern lassen: „Alles, was mein ist, ist dein“, sagt der Vater zu ihm (ähnlich wie Jesus über sich und Gottvater, Joh 17,10). Mit „alles“ ist aber nicht nur das Gut, sondern auch die Güte gemeint; nicht nur das Haus, sondern auch der Bruder, nicht nur die Gerechtigkeit, sondern auch die Barmherzigkeit. Am Ende bleibt der Ältere draußen. Ob er hineingeht und wirklich wieder Erbe des Vaters wird?
Wie müsste die Kirche sein, dass in ihr auch die Verworfensten wieder nach Hause und in die Kindschaft und zu ihren Geschwistern vor Gott finden? – Und schließlich: Was fehlt uns noch, damit wir uns mit Gott darüber von Herzen freuen können?
Fra' Georg Lengerke
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