Letzter Tag der Exerzitien in Ehreshoven bei Köln. Heute können wir schon nicht mehr die Gemeindemesse in der Kommende feiern. An diesem Tag lesen wir das Gespräch Jesu mit der Samariterin am Jakobsbrunnen. Jesus erspart der Frau nicht den Schmerz des Unterschieds zwischen den Juden und den Samaritern: „Ihr betet an, was ihr nicht kennt, wir beten an, was wir kennen.“
Am ersten Tag der Exerzitien hat uns die Frage beschäftigt, ob wir Gott „kennen“ können. „Das Höchste meines Lebens ist, Dich kennen, Herr“, heißt es in einem neuen geistlichen Lied. Wir können Gott nicht begreifen, wie eine Sache, eine Landschaft oder ein Fachgebiet, weil Gott größer ist als unser Erkennen und Verstehen. Und wir sollen ihn nicht kennen, wie die Dämonen (Mk 1,24), die ihn zwar kennen aber nicht lieben, oder wie die Nazarener, die meinen, sie wüssten über ihren begabten Jungen Bescheid.
Aber wir können und dürfen ihn kennen, weil er sich uns bekannt machen will als Schöpfer in der Schöpfung und in der Geschichte seines Volkes und der Welt als handelnder Gott – bis dahin, dass Gott selbst als Mensch unter uns auftritt.
Was wir nicht kennen, das macht uns Angst, das ist uns unheimlich, das hat Macht über uns. Was wir kennen, das gibt sich uns zu verstehen. Und was sich uns zu verstehen gibt, dem können wir uns anvertrauen.
Eine Freundin sagte mir gestern, sie käme sich in dieser wirren Zeit vor, wie am Anfang von Exerzitien. Es ist Zeit, Gott neu und tiefer kennen zu lernen und zu lernen, dass und wie er uns kennt. Es klingt irgendwie erleichtert, wenn die Samariterin ausruft: „Er hat mir alles gesagt, was ich getan habe!“
Fra' Georg Lengerke
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