Egal, ob Corona-Infektion oder Blindheit. Früher oder später fragt irgendjemand nach Verantwortung und Schuld. Ist der Blinde selbst oder sind seine Eltern an seiner Blindheit schuld?, fragen die Jünger. Keiner von beiden, sagt Jesus.
Wenn es um den Zusammenhang von Tun und Ergehen geht, lehnen Kirche und Hl. Schrift zwei extreme Ansichten ab. Die eine lautet: Leid und Krankheit sind immer Folge persönlicher Schuld. Die andere lautet: Leid und Krankheit haben mit der Schuldgeschichte der Menschen nichts zu tun. Die Wahrheit liegt dazwischen: Von Anfang an missbraucht der Mensch seine Freiheit. Deshalb leben wir in einer beschädigten Schöpfung und Beziehung zum Schöpfer. Das zeigt sich unter anderem in selbstverschuldeten und unverschuldeten Leidensfolgen für Leib und Seele.
Immer dann, wenn die Jünger meinen, die Ursachen des Leids genau zu kennen, verweist Jesus sie auf die Zukunft. Zum einen in der Aufforderung sich zu bekehren, damit es ihnen nicht noch schlimmer ergeht als den heute Leidenden (Lk 13.3.5). Zum anderen, weil an dem Übel, das eigentlich nicht sein sollte, „Gottes Wirken offenbar werden soll.“
Es kommt vor Gott jetzt nicht darauf an, warum der Blinde blind oder warum dieser mit Corona infiziert ist und jener nicht. Es kommt darauf an, dass die zu Christus Gehörenden mit ihm die Werke Gottes tun, „solange es Tag ist“. Die Zeit drängt – nicht allein weil die Krankheit möglichst schnell überwunden werden soll, sondern auch, weil wir nur heute mit Gott tun können, was er nur heute mit uns den Menschen tun will, und weil wir nur heute zulassen können, was Gott nur heute mit anderen an uns tun will.
Fra' Georg Lengerke
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