In meinem Flur hängt das Bild von Eugen Kirchner „Der König im Exil“:
Unter einem Himmel mit Schäfchenwolken steht auf einer Wiese ein kleines Häuschen mit Schuppen und Plumpsklo. Vor dem Haus sitzt der König in Brokatmantel, Kniebundhose und Schnallenschuhen mit weißer Perücke und Krönchen auf einem Stuhl. Rechts dahinter rührt auf einem Ofen mit erhobener Nase die behandschuhte Königin eine Suppe um. Von hinter dem König nach links zieht sich eine Wäscheleine, an die ein livrierter Diener Unterwäsche mit Krönchen zum Trocknen aufhängt. Vorne im Bild führt der missgelaunt dreinschauende Dauphin mit Federhütchen einen Mops Gassi. Und statt regierenderweise am Rad der Geschichte zu drehen, dreht der König stattdessen die Kurbel einer Kaffeemühle zwischen seinen Knien.
An dieses Bild musste ich bei der Schilderung der Verschleppung des jungen Königs Jojachin und der Vornehmen Jerusalems nach Babylon denken.
Das Exil ist in der Schrift ein Bild für das von Gott entfremdete Leben. Und in der Geschichte des Volkes Israel ist Babylon der traumatische Ort solchen Exils. In schweren Zeiten war „Exil“ auch das prägende Lebensgefühl der Christen – nach dem Verlust des Paradieses als ungetrübte Gemeinschaft mit Gott.
Auch dieses Bild hat zwei Seiten:
Es kann entweder Ausdruck einer Lebensfeindlichkeit sein, die die Welt nicht ernst nimmt, und das Leben und das Glück immer jeweils woanders sucht.
Oder es beschreibt den aus dem Paradies Gefallenen, der mit Gott die gefallene Welt liebhat und auf seiner Seele (wie der König auf der Leibwäsche) ein unauslöschliches Krönchen eingeprägt hat, dass ihn an seine göttliche Herkunft und Heimat erinnert.
Fra' Georg Lengerke
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